“Gesetzesentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich, zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften sowie zur rechtsförmlichen Bereinigung des Energiewirtschaftsrechts”

1. Hintergrund und Einordnung

Die fortschreitende Erderwärmung und die zunehmende Häufung klimabedingter Extremwetterereignisse machen deutlich: Das Zeitfenster zur Einhaltung der Klimaziele schließt sich rapide. Eine Lösung liegt in einer dezentralen, bürgernahen Energieversorgung auf Basis Erneuerbarer Energien. Energy Sharing ist dabei kein Nischenthema, sondern ein entscheidendes Instrument, um die Energiewende sozial, ökologisch und demokratisch abzusichern und zügig weiter zu bringen.

Wir widersprechen deshalb der These in der Begründung zu § 42 c EnWG-E, dass die gemeinsame Nutzung von Strom aus EE-Anlagen kurz- oder mittelfristig kein Massengeschäft werden kann. 

Je einfacher, bürokratieärmer und wirtschaftlich tragfähiger Energy Sharing Lösungen angeboten werden, umso umfangreicher und erfolgreicher können sie werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: 

a) Energy Sharing stärkt die aktive Teilhabe von Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen am Strommarkt

Mit niedrigschwelligen Zugängen für Energiegemeinschaften kann es zum Treiber der regionalen Energiewende werden. Es fördert lokale Wertschöpfung, steigert die Akzeptanz der Transformation und trägt zur sozialen Integration bei. Es bietet die Möglichkeit, in einem zunehmend demokratiefeindlichen gesellschaftlichen Klima gezielt Beteiligung und Teilhabe in sozial benachteiligten Regionen zu fördern. Gerade dort schafft es neue Chancen für vulnerable Bevölkerungsgruppen, aktiv an der Energiewende mitzuwirken und von ihr zu profitieren.Über die flächige, breite Umsetzung kann die Dekarbonisierung schnell umgesetzt werden.

Auch durch Bürgerenergiegemeinschaften und -gesellschaften kann die Energiewende vorangebracht werden: Mit gemeinschaftlichen Investitionen in Solar- und Windenergieanlagen und der direkten Stromnutzung vor Ort. So wird die lokale Teilhabe gestärkt und die Energiewende sozial wie strukturell verankert.

b) Energy Sharing erschließt bislang ungenutzte Flächenpotenziale.

Gerade in Quartieren mit eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten für Solarenergie, etwa aufgrund von Verschattung, Denkmalschutz oder fehlenden geeigneten Flächen, bietet Energy Sharing das Potenzial, regionale Versorgungslösungen mit Erneuerbaren Energien neu zu denken. Energy Sharing schafft nicht nur neue Anreize für Privatinvestoren, sondern auch für kleine und mittlere Unternehmen sowie öffentliche Einrichtungen. Über einen bürokratiearmen und wirtschaftlich tragfähigen Verkauf von Solarstrom kann es dazu beitragen, alle geeigneten Dach-, Fassaden- und sonstigen urbanen Flächen konsequent für die Energiewende zu nutzen.

c) Energy Sharing bietet Potentiale zur Netzentlastung

Energy-Sharing kann, sofern richtig genutzt, die Stromnetze zudem maßgeblich entlasten. Die Elektrizitätswerke Schönau (EWS) haben in einer Studie vom Dezember 2024  herausgearbeitet, dass lokale Stromgemeinschaften Anreize für netzdienliches Verhalten schaffen, indem sie Erzeugung und Verbrauch regional besser aufeinander abstimmen. Dies funktioniert besonders gut, wenn auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie reine Verbraucher teilnehmen und ein enger Lokalitätsbezug besteht. Wird Energy Sharing mit zeitvariablen Netzentgelten kombiniert, steigt die Netzdienlichkeit signifikant an. Dies führt zu einer effizienteren Verteilung von Stromüberschüssen und entlastet höhere Netzebenen.

2. Zu den Regelungen im Einzelnen

Unsere Stellungnahme konzentriert sich im Folgenden hauptsächlich auf die geplante Regelung des § 42c EnWG-E. 

Zu § 42c (1) (2) EnWG-E

Eine klare und rechtssichere Definition von Energy Sharing ist eine zentrale Voraussetzung dafür, dass Eigen- und Überschussstrom wirtschaftlich angeboten werden kann. Der Absatz formuliert die Betreibereigenschaften sowie zentrale Rechte und Pflichten, die erforderlich sind, um den in der Anlage erzeugten Strom aus Erneuerbaren Energien zur gemeinschaftlichen Nutzung bereitzustellen.

Wir begrüßen die im Vergleich zum Referentenentwurf vom 27.08.2024 erweiterten Betreibereigenschaften und stimmen damit überein, dass die Möglichkeiten zum Energy Sharing auf klein- und mittelständige Unternehmen (KMU) begrenzt und größere Unternehmen ausgeschlossen werden. 

In § 42c (5) EnWG-E werden rechtliche Möglichkeiten eröffnet, Dienstleistungsunternehmen einzubinden, um Projekte professionell zu unterstützen. Diese Lösung ist ebenfalls zu begrüßen.

Ebenso ist positiv hervorzuheben, dass der Betrieb von Energiespeicheranlagen ausdrücklich einbezogen wird. Steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie gemeinschaftlich betriebene Stromspeicher (Quartierspeicherprojekte) sind eine wichtige Chance für die effiziente Nutzung von Speichern durch Reduzierung von Speichergrößen bei optimaler Nutzung der Speicherkapazitäten. In einem gemeinschaftlichen Forschungsprojekt der TH Köln und des SFV entwickeln wir aktuell eine Blaupause für zukünftige Projekte. 

Wir haben folgende Kritikpunkte:

1) Nach § 42c (1) Nr. 2 und 3 EnWG-E sollen zwei Verträge geschlossen werden. 

  • Liefervertrag zwischen Betreiber und dem Letztverbrauchenden (Abnehmer)
  • Vertrag zur gemeinsamen Nutzung zwischen Betreiber und Abnehmer.

Zum Zweck der Vereinfachung und des Bürokratieabbaus genügt es, einen Vertrag zu schließen. Die Inhalte des Vertrages in § 42c (3) und (6) EnWG-E können zusammengefasst und in einem Vertrag gebündelt werden (weitere Hinweise, siehe unten)

2) In § 42 (1) Nr. 5 EnWG wird festgeschrieben, dass der Betrieb der Anlage weder überwiegend der gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit des Betreibers nach Nummer 1, des Letztverbrauchers oder der Person des öffentlichen Rechts, die als Gesellschafter hieran beteiligt ist, dienen darf. 

Diese Einschränkung ist problematisch und bedarf dringend einer Anpassung. Die gewählte Formulierung ist in ihrer Wirkung zu pauschal und führt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Diskriminierung vieler engagierter Akteure der dezentralen Energiewende. Auch ist unklar, wo die Grenze zur „überwiegenden“ Tätigkeit zu ziehen ist. Dieser Begriff ist zu unbestimmt. Gerade Bürgerenergiegemeinschaften verbinden bspw. bürgerschaftliches Engagement mit wirtschaftlicher Tätigkeit. Eine überwiegend selbständige oder gewerbliche Ausrichtung schließt eine gemeinwohlorientierte Zielsetzung keineswegs aus. Wir schlagen vor, Bürgerenergiegemeinschaften von dieser Einschränkung auszuschließen. 

3) In § 42c (1) Nr. 7 EnWG-E findet man folgende Regelung: “die in der Anlage erzeugte oder gespeicherte Elektrizität wird mit einer Zählerstandsgangmessung nach § 2 Satz 1 Nummer 27 des Messstellenbetriebsgesetzes erfasst.” Demnach wäre es nach unserem Verständnis nicht möglich, den erzeugten Strom (z.B. in einer PV-Anlage) zunächst selbst zu verbrauchen und nur den Überschuss im Rahmen des Energy Sharing weiterzugeben. 

Diese Einschränkung ist unnötig. Es wäre hinreichend, den in das Netz eingespeisten Überschussstrom einer Zählerstandsgangmessung nach § 2 Satz 1 Nr. 27 MsbG zu unterziehen. Der SFV hat vor einem Jahr sein Modell des “Solaren Nachbarschaftsstrom” öffentlich vorgestellt. Der nachbarschaftliche Verkauf zwischen Einzelpersonen oder ein Zusammenschluss in Vor-Ort-Gemeinschaften soll neben der Eigenversorgung eine zusätzliche Option darstellen. 

4) Wichtig wäre die Option, Multi-Use-Speichern umzusetzen, damit die Betreiber:innen von Quartierspeichern die Möglichkeit erhalten, neben dem Speichern von Solarenergie auch - jeweils zeitlich abgegrenzt - variable / dynamische Stromtarife zu nutzen und den Beteiligten anzubieten. Insofern ist die Bedingung, bei der Nutzung von Speichern die in § 19 Absatz 3b des Erneuerbare-Energien-Gesetzes genannten Voraussetzungen zu erfüllen, zu eng gefasst.

Zu § 42c (3) und (6) EnWG-E

In Absatz 3 Nr. 3 werden die Bestandteile eines Liefervertrages zur gemeinsamen Nutzung definiert. Neben dem Umfang der Nutzung der Elektrizität, die durch die Anlage erzeugt oder in der Anlage gespeichert wurde, soll ein Aufteilungsschlüssel und die Festlegung einer ggf getroffenen entgeltlichen Gegenleistung für die Nutzung der Elektrizität an den Betreiber - gegebenenfalls deren Höhe in Cent pro Kilowattstunde - festgeschrieben werden.

In Absatz 6 soll in einem zusätzlichen Vertrag über die gemeinsame Nutzung in Textform darüber informiert werden, 

  • dass die gemeinsam genutzte Anlage den Strombedarf der Abnehmer nicht vollständig und nicht zu jedem Zeitpunkt decken kann,
  • ein ergänzender Strombezug durch die Abnehmer erforderlich ist,
  • die Kosten für diesen ergänzenden Strombezug über den durchschnittlichen Kosten eines herkömmlichen Vollversorgungsvertrags liegen können, 
  • keine Einschränkungen zum Wahl des Rest-Stromlieferanten auferlegt werden dürfen und 
  • der Anlagenbetreiber rechtzeitig darüber informieren soll, wenn die Anlage aus anderen als aus witterungs- und tageszeitbedingten Gründen über einen erheblichen Zeitraum keine Energie erzeugt.

Zunächst ist festzuhalten, dass beide Verträge aus Vereinfachungsgründen zusammenzufassen sind. Darüber hinaus ist es ein grundlegendes Merkmal volatiler Stromerzeugungsanlagen, dass ihre Einspeisung witterungs- und tageszeitabhängig schwankt, etwa bei fehlendem Sonnenschein oder Wind. Erheblich längere Zeiträume ohne Stromertrag können nur durch Defekte an den Anlagen auftreten. Abregelungen auf Grund von Redispatch-Maßnahmen sollten nicht von einer Meldepflicht betroffen sein.

Wir haben uns für bundesweite Musterverträge ausgesprochen, um Transparenz und Verbraucherschutz umzusetzen. Auch die Verarbeitung der Daten durch die zuständigen Verteilnetzbetreiber wäre wesentlich einfacher, wenn von Standardverträgen bei Gewährleistung der individuellen Preisbildung ausgegangen werden könnte.

Da die von einer oder mehreren EE-Anlagen in das öffentliche Stromnetz eingespeisten (nicht erzeugten!) Strommengen nach § 42c Absatz 1 Nr. 6 und 7 EnWG-E viertelstündlich erfasst werden, ist ein Aufteilungsschlüssel wichtig. Wenn Strom aus einer oder mehreren Anlagen jeweils an einen oder mehrere Letztverbrauchende in der gleichen Viertelstunde geliefert wird, ist eine anteilige Zuweisung der Strommengen zwingend.

Die jeweiligen Aufteilungsschlüssel müssen vom Anlagenbetreiber aufgestellt und vertraglich vereinbart werden. Sie könnten in Anlehnung an § 42 b EnWG statisch oder dynamisch aufgeteilt werden. Somit schließt die Organisation der Marktkommunikation nahtlos an die Regelungen der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung an. 

Die gesetzliche Möglichkeit, den Strom auch unentgeltlich weiterzugeben, ist wichtig, da der Wunsch besteht, innerhalb von familiären Strukturen über das öffentliche Netz vereinfachte Lieferverträge zu schließen. Wir möchten jedoch darauf hinweisen, dass dies nur eine Ausnahme sein kann, da dies unweigerlich zur Minderung des Wirtschaftsbetriebs der jeweils beteiligten Anlage führt, da nach den bisherigen Überlegungen im Referentenentwurf hier ebenso jeweils anfallende Steuern, Umlagen, Abgaben und Netzentgelte pro Kilowattstunde gelieferter Energie entrichtet werden müssen.

Wir gehen somit davon aus, dass es die Regel sein wird, Vereinbarungen über ein Entgelt (Ct/kWh) zu treffen. Nur so können Zusatzinvestitionen in größere Anlagen und der erhöhte Aufwand bei der Abrechnung, insbesondere über Dienstleister, refinanziert werden. 

Um diese Mehraufwände wirtschaftlich abzusichern und als EE-Stromlieferant gegenüber anderen großen Energielieferanten wettbewerbsfähig zu sein, betonen wir, für die betreffenden Strommengen die Preisbestandteile der Stromnebenkosten auf den Prüfstand zu stellen. Eine gemeinschaftliche Nutzung von Erneuerbarem Strom wird nur dann auf breiter Basis entstehen, wenn sie auch wirtschaftlich tragfähig ist. Dies gilt sowohl für private Haushalte als auch KMU, Kommunen und Energiegemeinschaften. 

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Strom aus EE-Anlagen in Konkurrenz zu Anbietern steht, die durch zeitvariable oder dynamische Tarife in den kommenden Jahren größere finanzielle Flexibilität erlangen. Eine zusätzliche Förderung von Energy-Sharing-Strom ist demnach unverzichtbar. Ohne diese Unterstützung haben entsprechende Projekte keine realistische Chance, bundesweit erfolgreich zu werden.

Es geht um folgende Preisbestandteile: 

Netzgebühren: Zentral ist, dass der gemeinsam genutzte Strom nicht mit den vollen Netzentgelten belastet wird. Entweder müssen diese vollständig entfallen oder es braucht verbindliche Abschläge, um die Vorteile des dezentralen Strombezugs abzubilden. Diese Forderung basiert darauf, dass netz- und systemdienliches Verhalten der Beteiligten, etwa Lastverschiebung oder Eigenverbrauchsoptimierung, durch wirtschaftliche Anreize belohnt werden kann und sollte. In diesem Zusammenhang sei noch einmal die Studie der Elektrizitätswerke Schönau (EWS) vom Dezember 2024  erwähnt, nach dem lokale Stromgemeinschaften ein netzdienliches Verhalten unterstützen, da Erzeugung und Verbrauch regional besser aufeinander abgestimmt wird. Der finanzielle Vorteil dieser Netzdienlichkeit wiegt die gewährten Abschläge auf.

Stromsteuer: Auch eine Stromsteuerbefreiung nach § 9 (3) StromStG kann als wichtiger Preis-Puffer agieren. In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass bereits in einigen Kommunen sogenannte Strombilanzkreismodelle umgesetzt werden oder sich in Planung befinden (z.B. in Aachen, Main-Taunus-Kreis, Rostock, Greifswald, Bad Soden, Lörrach, Eisenach uvm.). Dort wird PV-Strom von städtischen Liegenschaften über das öffentliche Netz an andere Liegenschaften verteilt, was neben dem Klimaschutzeffekt zu enormen Kostenersparnissen führt. Auch motivieren die Strombilanzkreismodelle zu einer vollständigen Belegung der Dachfläche, was die Energiewende in der Zielerreichung 100% beschleunigt. In Abstimmung mit dem zuständigen Hauptzollamt entfiel die Stromsteuer für gelieferten EE-Strom vollständig. Auch die Reduzierung der Netzgebühren wurde vorgeschlagen. Hier eine bundesweit einheitliche Regelung zu schaffen, wäre im Sinne der Kommunen aller Energy-Sharing-Teilnehmenden.

Messgebühren: Ebenso wichtig sind klare und faire Regelungen für Zählergebühren und die Abrechnung. Hier dürfen keine undurchsichtigen Zusatzkosten entstehen, die das Modell unattraktiv machen. Die Kosten des Messstellenbetriebs müssen auch weiterhin durch Preisobergrenzen reglementiert werden, damit Verbraucher:innen und Anlagenbetreiber:innen mit kalkulierbaren und stabilen Messkosten rechnen können. 

EEG-Einspeisevergütung: Es muss sichergestellt werden, dass für überschüssigen Strom aus EE-Anlagen, der ins öffentliche Netz eingespeist und nicht zeitgleich an Endverbraucher verkauft wird, weiterhin ein Anspruch auf EEG-Vergütung besteht. Dies muss auch für solche Anlagen gelten, die in unmittelbarer räumlicher Nähe installiert werden.

Kurz gesagt: Ohne wirtschaftliche Attraktivität bleibt Energy Sharing ein Nischenmodell. Mit den richtigen Anreizen wird es zum Motor einer sozial gerechten, dezentralen Energiewende.

Nicht zu vernachlässigen ist, dass mit den wirtschaftlichen Vorteilen ein Anreiz insbesondere bei Energiegemeinschaften entsteht, die beim Ausbau von Solar- und Windenergieanlagen eine Schlüsselrolle spielen: Sie investieren Überschüsse in aller Regel nicht in Renditen, sondern in neue Anlagen, regionale Wertschöpfung und soziale Tarife. So entsteht nicht nur mehr Erneuerbare-Energie-Kapazität, sondern auch direkte Entlastung für einkommensschwache Haushalte – genau dort, wo soziale und ökologische Gerechtigkeit zusammenwirken müssen.

Zu § 42c (4) EnWG-E

In diesem Absatz soll die gemeinsame Nutzung von Energie in der gleichen Verteilnetz-Regelzone ab dem 1. Juni 2026  und ab dem 1. Juni 2028 sogar zuzüglich des Bilanzierungsgebiets eines Verteilnetzbetreibers auch auf den direkt angrenzenden Verteilnetzbetreiber in derselben Regelzone möglich werden. 

Auf welcher Entscheidungsgrundlage der “direkt angrenzende Verteilnetzbetreiber” ausgewählt wird, wenn sich mehrere Verteilnetzbetreiber in unmittelbarer Nähe befinden, ist unklar. Ein Zuständigkeits-Wirrwarr könnte zur Erhöhung des bürokratischen Aufwandes führen. Wir empfehlen auch weiterhin, hier generell alle angrenzenden Verteilnetzbetreiber – je nach Wahl des Anlagenbetreibenden – in die Pflicht zu nehmen. 

Die zügige und praktikable Umsetzung von Energy Sharing erfordert eine aktive Mitwirkung der Verteilnetzbetreiber und klare politische Vorgaben. Unklare Marktrollen, offene regulatorische Fragen bei der Bundesnetzagentur und nachgelagerte Prozesse bei den Netzbetreibern führen aktuell zu erheblichen Verzögerungen in der Projektumsetzung. Diese Unsicherheiten erhöhen nicht nur die Kosten für engagierte Akteure, sondern wirken sich zunehmend als Standortnachteil für Bürgerenergie, Unternehmen und Kommunen aus.

Damit Energy Sharing rechtzeitig in der Praxis ankommt, braucht es eine beschleunigte Umsetzung auf operativer Ebene. Lösungen liegen längst vor, etwa in Form bereits konkreter Praxisbeispiele zur Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (GGV), aus denen sich funktionierende Modelle und Standards ableiten lassen.

Eine Pflicht zur aktiven Mitwirkung der Verteilnetzbetreiber ist daher unerlässlich. Diese sollte nicht nur durch gesetzlich festgeschriebene Fristen, sondern durch eine bei Verzug durchsetzbare Pönale flankiert werden. 

Die Clearingstelle EEG hat für die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung in einem Interview für den SFV bereits klargestellt, dass Netzbetreiber zur Umsetzung gesetzlicher Aufgaben bei der Nutzung virtueller Summenzählungen und der Umsetzung der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung rechtlich verpflichtet sind. Wenn der neue § 42c EnWG sich verbindlich im deutschen Recht wiederfindet, gilt dies auch für Energy Sharing. 

Darüber hinaus ist die Bereitstellung geeigneter IT-Infrastrukturen essentiell, um die Prozesse effizient und skalierbar zu gestalten. Ohne eine verlässliche technische Grundlage wird Energy Sharing nicht aus dem Pilotstatus herauskommen.

Fazit: Energy Sharing darf nicht an organisatorischer Trägheit oder fehlender Verbindlichkeit scheitern. Politik und Regulierungsbehörden sind jetzt gefordert, Netzbetreiber stärker in die Pflicht zu nehmen – im Sinne einer funktionierenden, demokratischen Energiewende.

Zu § 42c (5) EnWG-E

Der Einsatz von Dienstleistern zur Umsetzung von Energy-Sharing-Projekten sollte ausdrücklich als zulässige und praktikable Option anerkannt werden. Gerade im Bereich des Energy-Sharing sind professionelle Dienstleister – etwa für Abrechnung, Kommunikation, Vertragsmanagement oder digitale Plattformlösungen – sinnvoll, um die Umsetzung einfach, effizient und rechtskonform zu gestalten. Dies gilt insbesondere für kleinere Energiegemeinschaften oder Projekte ohne eigene technische oder organisatorische Infrastruktur.

Energy-Sharing-Projekte, wie etwa in dem von uns beschriebenen Kontext des  Nachbarschaftsstroms, müssen allerdings durch externe Dienstleister betreut werden. Hier empfiehlt sich, auf vereinfachte Lösungen (digitale Plattformen) zurückzugreifen.

Zu § 42c (7) EnWG-E

Die derzeitige Regelung, wonach Haushaltskundinnen und -kunden im Einfamilienhaus nur für Anlagen bis maximal 30 kWp und im Falle von Mehrfamilienhäusern bis 100 kWp von bestimmten Vereinfachungen profitieren können, ist aus unserer Sicht zu eng gefasst. 

Auch kleine Gewerbebetriebe und öffentliche Einrichtungen, die sich im gleichen Gebäude befinden, sollten von den vereinfachten Vorgaben von der Nichtanwendung der umfangreichen Pflichten aus § 5 und den §§ 40 bis 42 des EnWG profitieren. Denn in der Praxis gibt es in vielen Gebäuden eine Mischung aus privaten Wohnungen, Büros, kleinen Läden oder öffentlichen Einrichtungen. Diese Realität sollte sich auch im Gesetz widerspiegeln. Zudem hat das BMWE in seiner eigenen Definition bereits vorgesehen, dass solche gemischten Betreiberstrukturen zulässig sind. Diese Logik sollte auch bei den Ausnahmeregelungen angewendet werden.

Auch der Umstand, dass Betreiber:innen nicht zwingend im selben Gebäude ansässig sein müssen, sollte berücksichtigt werden. Die Verpachtung von Dachflächen, selbst bei kleinen Anlagen und insbesondere im Bereich des Mieterstroms, ist gängige Praxis und oft eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass lokale Energieprojekte überhaupt realisiert werden können.

3. Begriff der Kundenanlage: § 3 Nr. 59 EnWG-E

Die aktuelle BGH-Entscheidung zur Definition der Kundenanlage (Beschluss vom 13. Mai 2025 - EnVR 83/20) und die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 28. November 2024 - C 293/23) haben weitreichende Folgen für das deutsche Energierecht. Denn große Teile der bisherigen deutschen Rechtsstruktur basieren auf einer klaren Trennung zwischen Kundenanlagen und dem Verteilnetz im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes. 


 

Das EnWG ist dabei primär auf große, professionell betriebene Verteilernetze ausgelegt, nicht auf kleinere Stromverteilstrukturen in Wohn- oder Gewerbegebäuden. Für Eigentümer:innen von Mehrfamilienhäusern, Gewerbebetriebe oder ähnliche, nicht-professionelle Akteure bedeutet das: Sie können die komplexen regulatorischen Anforderungen, die für Verteilnetzbetreiber im EnWG vorgesehen sind, in der Praxis weder erfüllen noch tragen. Dennoch wird ihnen zunehmend der Anschluss als Kundenanlage erschwert oder sogar verweigert, vor allem dann, wenn innerhalb des Gebäude- oder Objektverteilnetzes Strom verkauft wird, etwa im Rahmen gesetzlich erlaubter Modelle wie Mieterstrom oder innerhalb von Unternehmensgruppen. 


 

Investor:innen haben die Sorge, ihre PV-Anlagen könnten wirtschaftlich nicht mehr tragfähig sein, wenn sie keine Kundenanlage mehr darstellen. Denn es fallen dann auch z.B. Netzentgelte an, sodass der Stromverkauf innerhalb der Kundenanlage wirtschaftlich uninteressanter (weil teurer) wird.

Die EuGH-Rechtsprechung zur Kundenanlage kann man dahin verstehen, dass die Kundenanlage allgemein, die es im europäischen Recht so nicht gibt, grundsätzlich europäischem Recht widerspricht und die Differenzierung des EnWG zw. Kundenanlage und Verteilnetz daher in jedem Fall unzulässig ist. Hier wäre daher insbesondere der europäische Gesetzgeber gefordert, den Begriff des Verteilnetzes zu öffnen.

Diese Unsicherheit gefährdet nicht nur etablierte Modelle, sondern auch Bestandsanlagen. Sie behindert zusätzlich auch innovative Ansätze wie Energy Sharing, bei denen Überschussstrom über das öffentliche Netz gemeinsam genutzt werden könnte. Um eine rechtssichere und praxistaugliche Umsetzung zu ermöglichen, braucht es deshalb dringend verbindliche gesetzliche Regelungen, die den Umgang mit Kundenanlagen neu und eindeutig klären.

Um Schaden von der Energiewende im Mieterstrombereich abzuwenden, ist ein schnelles Handeln erforderlich. Der deutsche Gesetzgeber ist demnach in der Handlungspflicht. Die im Referentenentwurf in § 3 Nr. 59 und 60 EnWG beschriebenen Regelungen entsprechen den bisherigen § 3 Nr. 24a und 24 b. Sie müssen demnach dringend überarbeitet oder hilfsweise eine neue Begriffsbestimmung zur Stromversorgung hinter einer Hausverteilung eingefügt werden.

Der Anspruch muss sein, dass Strom aus Energieanlagen, die sich auf einem Grundstück/ in einem Gebäude (oder bestenfalls sogar innerhalb eines Quartiers) befinden und mit einem Energieversorgungsnetz oder einer Erzeugungsanlage verbunden sind, allen Letztverbrauchenden unabhängig davon, welchen Energielieferanten die angeschlossenen Endverbraucher gewählt haben, diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden muss.

Der Strom wird hinter dem Hausverteilerkasten angeboten und dient ausschließlich dem Zweck, die angeschlossenen Endverbraucher mit Energie zu beliefern. Die Kundenanlage hinter dem Haus-/Grundstücks-Verteilerkasten ist damit nicht Teil des öffentlichen Netzes. 

4. Fazit

Wir möchten mit diesen Hinweisen zur Stärkung der Rechtssicherheit und Praxistauglichkeit von Energy Sharing und Mieterstromprojekten beitragen, um eine breite Teilhabe an der Energiewende möglich zu machen. Wir würden es sehr begrüßen, wenn unsere Einschätzungen in den laufenden Gesetzgebungsprozess einfließen.