Für eine vollständige Energieversorgung mit erneuerbaren Energieträgern sind Batteriespeicher unerlässlich. Gleichzeitig gibt es Kritik aufgrund ihrer umweltschädlichen Bestandteile und schlechter Arbeitsbedingungen beim Abbau der Ressourcen. Als Alternative stehen Redox-Flow-Batterien und Natrium-Ionen-Batterien im Raum. Wir haben mit Dr. Nils Reiners vom Fraunhofer ISE und Dr. Jens Peters von der Alcalá Universität in Madrid gesprochen und sie zum aktuellen Forschungsstand befragt.

Dr. Jens Peters zu Natrium-Ionen-Batterien

Als weitere Alternative stehen Natrium-Ionen-Batterien im Raum. Sie speichern Energie auf Salzbasis, welches weltweit in großen Mengen günstig verfügbar ist. Sie eignen sich sowohl für mobile Anwendungen als auch für stationäre Energiespeicher. Dabei stellt sich die Frage: Könnten sie schneller marktreif sein und künftig im großen Stil zum Einsatz kommen?

1. Was würden Sie auf den Vorwurf antworten, dass Batterien genauso umweltschädlich sind wie fossile Energieträger?


Ein klares „Nein“. Es ist richtig, dass die Herstellung von Batterien material- und energieaufwändig ist, so wie viele Hightech-Produkte. Jedoch ist dies, wie bei allen erneuerbaren Energietechnologien, quasi eine Einmal-Investition, die sich zumindest energetisch und in Bezug auf CO₂-Emissionen über die Lebensdauer amortisiert. Im Gegensatz zu fossilen Energiequellen, wo jede erzeugte kWh mit substantiellen Emissionen einhergeht, ist der Betrieb von PV, Windkraft und Batterien selbst emissionsfrei. Als Daumenwert kann für die Herstellung einer 1 kWh Lithium-Ionen Batterie (LIB) ein CO₂-Fußabdruck von 100 kg angesetzt werden, mit abnehmender Tendenz. 

Wenn so eine Batterie also 2000 Zyklen hält, entspricht ein Lade-/ Entladezykus 50g CO₂ eq. Moderne Heimspeicher halten deutlich länger, bis zu 10.000 Zyklen, was dann nur noch 10g pro kWh wären. Dazu kommen noch die Emissionen des Stroms, ca. 90g CO₂eq/kWh für Solar in Deutschland, und 30g CO₂eq für Wind (ebenfalls abnehmende Tendenz durch zunehmende Dekarbonisierung der Produktion und Vorketten). Verglichen mit fossilen Energieträgern (Kohle 1000 – 1200 g CO₂eq, Gas ca. 400 – 450 g CO₂eq) substantiell weniger. Aber ja, Energieverbrauch hat immer seine Auswirkungen, es gibt keine Wunder-Technologie. Also müssen wir immer auch unseren Verbrauch bzw. unser Konsumverhalten ansehen, denn die umweltfreundlichste Energie ist die nicht verbrauchte. Und auf dem Verzichtsauge sind wir gerne recht blind.

 

2. Sie forschen zu nachhaltigen Energiespeichern, z. B. an Salz- / Natrium-Ionen Batterien. Wo werden diese eingesetzt & was sind deren Vorteile?

Zuallererst: Es gibt keine Technologie, die per se nachhaltig ist. Jede Technologie, auch Energiespeicher oder PV-Paneele können auf unnachhaltige Weise bzw. im Übermaß eingesetzt werden. Ein Produkt kann nachhaltiger sein als ein anderes, aber um nachhaltig an sich zu sein, ist ein sehr breites Bild notwendig. 

Aber ja, wir forschen zum Thema Nachhaltigkeit und schauen uns neue Technologien in Hinsicht auf ihre Umweltauswirkungen an. Und dort finden sich Natrium-basierte Batterien (Na-Ion) die prinzipiell wie LIB funktionieren, aber statt dem knappen Lithium auf das überall verfügbare Natrium setzen, und oft auch keine seltenen (und teuren) Metalle wie Nickel oder sogar Kobalt benötigen.

Da aber Natrium aufgrund seiner größeren Atommasse immer schwerer ist als Lithium, werden Na-Ion nie die Energiedichten von LIB erreichen. Das führt dazu, dass insgesamt, um die gleiche Speicherkapazität zu erlangen, größere Batterien notwendig sind, und somit mehr Materialeinsatz. Dies ist ein klassischer Trade-off: umweltfreundlichere Materialien, aber dafür mehr davon. Eine absolute Antwort gibt es dazu nicht, oft liegt die Antwort in der Kombination von Details: Wie lange soll die Batterie halten? Was für Leistung soll sie bringen? Insgesamt bestehen die Vorteile der Na-Ion Technologie aber in ihrer geringeren Abhängigkeit von Materialien (Natrium gibt es überall), sowie ihrer oft größeren Robustheit. Gerade ersteres ist im aktuell stark asiatisch dominierten Batteriemarkt sowie der hohen Abhängigkeit Europas von importieren Rohstoffen sowie den oft sehr problematischen Abbaubedingungen ein durchaus gewichtiges Argument.

 

3. Wie weit sind wir von einer flächendeckenden Anwendung entfernt? Was sind aktuelle Herausforderungen? 

Flächendeckend ist ein großes Wort. Na-Ion wird nie die LIB komplett verdrängen, sondern koexistieren. So wie Hochleistungs-LIB mit Nickel-Mangan-Cobalt (NMC)-Kathoden und eher robuste LIB mit Lithium-Eisenphosphat (LFP)-Kathoden jede eigene Nischen bedienen, wird auch Na-Ion ihren Platz finden für Anwendungen, wo maximale Leistungsdichte nicht ganz so entscheidend ist, wie z. B. für stationäre (Heim-) Speichersysteme. Es gibt keine One-fits-all-Batterie, und jede Technologie hat ihre Berechtigung. Wie groß hinterher der Marktanteil von Na-Ion sein wird, ist sehr schwer vorherzusagen, da dies von den Preisen abhängt und damit auch von politischen Entscheidungen. Aktuell z. B. sind LFP-Batterien sehr günstig, und Na-Ion deswegen nur bedingt konkurrenzfähig, aber dies liegt zum Teil an Überkapazitäten auf dem chinesischen Markt und entspricht nicht unbedingt realen Preisen. Auch Subventionen oder Spekulationen auf den Rohstoffmärkten können hier eine Rolle spielen. Herausforderungen liegen deshalb v. a. in den Kosten und der Lebensdauer, denn am Ende sind Na-Ion und LIB austauschbare Technologien und konkurrieren über den Preis. Na-Ion ist eine noch neuere Technologie und Daten zu Lebensdauer noch knapp, aber nur wenn sie genauso haltbar sind wir LIB, sind sie eine ernste Konkurrenz.

 

4. Kürzlich konnte die Energiedichte von Na-Ionen Batterien erneut gesteigert werden und das Unternehmen CATL hat einen Durchbruch und Beginn der Massenproduktion Ende 2025 angekündigt – wird das den Batteriemarkt verändern?

Nein, ich glaube nicht, dass sich der Batteriemarkt dadurch stark verändern wird. Na-Ion-Batterien werden ihre Nische finden, und potentiell etwas Druck aus dem Thema Rohstoffe nehmen (wir haben dazu gerade eine Studie in Arbeit, in der wir zeigen, dass Na-Ion insofern Resilienz erzeugt, als Preissteigerungen bei LIB einfach zu einem erhöhten Durchdringung von Na-Ion führt und vice versa, und dafür die Kosten konstanter bleiben, weil eine Ausweichtechnologie zur Verfügung steht), aber wie oben beschrieben: Es ist kein Game-Changer. Andere Firmen haben aufgrund der niedrigen Kosten von LFP den Rückzug aus dem Na-Ion Geschäft angekündigt.

 

5. Was ist Ihre Vision von den nächsten 5 Jahren in der Speicherentwicklung und Speicheranwendung?

Es tut sich viel im Bereich der Nachhaltigkeit, auch angetrieben durch die Vorgaben der Kommission zum CO₂-Fußabdruck von Batterien. Hersteller arbeiten an ihrer Lieferkette und prüfen deren Nachhaltigkeit, es zeigt sich dort eindeutig ein Umdenken und Bewusstseinswandel. Wir werden also sicher grünere und bewusster produzierte Batterien erleben. Technologisch sehe ich keine disruptiven Veränderungen auf kurze Sicht, Na-Ion wird eine Nische finden (wie groß hängt fundamental mit der Preisentwicklung von LIB bzw. der dafür benötigten Materialien zusammen, wenn LIB deutlich günstiger werden, bleibt wenig Raum für Na-Ion). Es wird sicher weiter Fortschritte geben bei Energiedichte und Leistung (z. B. Silizium-dotierte Anoden, Kombination verschiedener Kathodenmaterialien, etc.), aber basierend auf der existierenden Technologie. Die Eliminierung von PFAS ist noch ein interessantes Thema, die Suche nach alternativen Bindern mit gleicher Performance läuft aber noch. Und dann stehen noch Solid-State-Batterien im Raum, mit dem Versprechen höherer Energiedichten, aber bislang ist es vor allem bei Ankündigungen geblieben. Aber diese werden aus meiner Perspektive zuerst den High Performance Bereich bedienen, für stationäre Speicher sehe ich diese auf mittlere Sicht noch nicht.

 

Wir Danken für das Interview!

 

Jens Peters

Dr. Jens Peters

ist Professor an der Alcalá Universität in Madrid und arbeitet an der Nach­haltigkeitsbewertung von Energiesystemen, mit Schwerpunkt auf Energie-­ speichersystemen und Batterien.

Lesen Sie auch...