Die brutale Zerstörung der Dörfer im Rheinischen Revier durch den fossilen Riesen RWE und seinen Gehilfen in NRW gehen in diesen Herbsttagen in einer verstörenden Schnelligkeit voran. Entlang der L277, in Immerath, Lützerath, in Morschenich und an vielen anderen Orten werden weitere Häuser, Bäume, Straßen und Plätze sinnlos zerstört. Aktivisten und Klimaschützer protestieren vor dem Landtag in Düsseldorf und im Rheinischen Revier. Sie zeigen sich mit den Bewohner*innen der Braunkohle-Randdörfer solidarisch. 

Aktivisten halten sich in den Bäumen auf, um diese zu schützen. Über den Zufahrtsstraßen zum Dorf sind Seile und Hängematten gespannt, in denen Menschen hängen, um den Maschinen des Kohlekonzerns den Weg zu versperren. Zahlreiche Protestspaziergänge, organisiert von „Alle Dörfer bleiben“ , "Die Kirche im Dorf lassen", den Naturführern Eva Töller und Michael Zobel, finden statt.

Dennoch hat RWE hunderte von Alleebäumen entlang der ehemaligen Landstraße 277  und Bäume innerhalb des noch bewohnten Dorfes Lützerath gerodet. Engagierte Menschen hatten den Kahlschag von RWE nicht aufhalten, aber verlangsamen können.

„Wir sind erschüttert von RWEs Tempo und Zerstörungswut, die sich in diesem radikalen Kahlschlag zeigt“, sagt David Dresen aus dem benachbarten Dorf Kuckum. „Der Konzern macht das Leben im Dorf zur Hölle und fällt wunderbare gesunde Bäume, mitten in der Klimakrise. Wenn die Landesregierung dabei von ‚bürgerfreundlicher Umsiedlung‘ und Dialogveranstaltungen redet, ist das der blanke Hohn.“ (1) 

Für Menschen in mehr als einem Dutzend Dörfern steht ihre Zukunft auf der Kippe. Häuser, Kirchen, Wälder und fruchtbares Ackerland sollen Braunkohle-Tagebauen weichen. Dabei ist allen klar: Die Energieerzeugung ist mit Erneuerbaren Energien möglich. Zwangsumsiedlungen, Kulturverlust, soziale Zermürbung und Klimazerstörung dürfen und müssen nicht mehr sein. 

Die Widerstandsbewegung wächst. Die fossilen Konzerninteressen rücken immer mehr ins Licht der Öffentlichkeit. Die Braunkohle muss im Boden bleiben!

Auch wir vom SFV solidarisieren uns mit den Demonstranten und Klimaaktivisten. Wir fordern das Bundesverfassungsgericht auf, unsere Klimaklage endlich zur Entscheidung kommen zu lassen und klimaschädliche Emissionen zu stoppen. Wir benötigen eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien bis spätestens 2030. Der Kohleausstieg muss beschleunigt werden, um die gefährliche Erderhitzung zu stoppen.  

Wir warten schon 2 Jahre! Wie kann es sein, dass das BVerfG im Oktober das Beherbergungsverbot kippte, damit eine Familie an der Ostsee Urlaub machen kann, unsere Klimaklage aber noch immer nicht offiziell angenommen ist.

Susanne Jung

SFV-Geschäftsführerin

Wie ist der aktuelle Stand der Klimaklage?

 

Am 15. Juni reichten Frau Dr. Franziska Heß (Fachanwältin für Verfassungsrecht) und Prof. Felix Ekardt (Rechtswissenschaftler) zu unserer Klimaklage eine Stellungnahme beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ein. Anlass hierfür waren eingegangene Gegenstellungnahmen der Bundesregierung und des Bundestags sowie die zwischenzeitlich geänderte bundesdeutsche Klimaschutz-Gesetzgebung.

Um die Grundrechte auf Leben, Gesundheit und Eigentum zu schützen und die Klimaschutzverpflichtungen einzuhalten, müsste Deutschland die Emissionen in maximal zwei Dekaden in allen Sektoren auf Null bringen und mit der Rückholung von Treibhausgasen beginnen. Doch davon sind wir noch weit entfernt. Aktuelle Hinweise der Klimawissenschaftler und des Deutschen Wetterdienstes legen sogar nahe, dass die 1,5°-Erwärmung bereits überschritten ist. Der Rückgang der Emissionen muss also viel schneller gehen. Die Grundlagen menschlicher Existenz und damit auch der Demokratie werden massiv untergraben.

Die Juristen bekräftigten in ihrem Schriftsatz detailliert und faktenreich, dass die energiepolitischen Zielsetzungen im neuen Klimaschutzgesetz (KSG) der Bundesregierung völlig unzureichend sind, um das völkerrechtlich verbindliche Parisabkommen einzuhalten. Selbst die eigens von der Bundesregierung bestellten Fachgutachter des Bundesumwelt- und des Bundeswirtschaftsministeriums sowie die Stellungnahme des Sachverständigenrates für Umweltfragen kämen zu keinem anderen Ergebnis. Die nationalen Verpflichtungen werden mit dem Klimapaket der Bundesregierung weiterhin nicht eingehalten. Auch die von der Bundesregierung und dem Bundestag vorgetragenen Gegenargumente wurden von Frau Dr. Heß und Prof. Ekardt umfassend widerlegt.

Seit Mitte Juni warten wir nun hoffnungsvoll auf eine Rückmeldung des Bundesverfassungsgerichts. Unsere Klimaklage ist  immerhin schon seit dem 23. November 2018 anhängig.