Kritische Fragen und Antworten zum Beitrag „Batteriespeicher rechnen sich (noch) nicht“ 

 

Leserkommentar: Die Investitionskosten sind viel zu hoch angesetzt. Ich habe im letzten Jahr meine Blei-Gel-Akkus durch einen neuen 10-kWh-Li-Ionen-Akku ersetzt und dieser hat netto inkl. Montage € 4.859,- gekostet. Ein Sunny-Island der Fa. SMA als Batteriespeichermanager kann noch einmal mit ca. € 2.500,- veranschlagt werden. In NRW gibt es auf Batteriespeichersysteme einen 10%igen Zuschuss, so dass man etwa Gesamtkosten von € 6.600,- kalkulieren kann; also etwa 660 €/kWh. Bei Produkten aus dem oberen Qualitätssegment ein deutlich niedriger Preis als von Herrn Seltmann mit € 1.000,- bis 1.500,- angegeben.

 

Thomas Seltmann: Ende November hat die RWTH Aachen ihre aktuellste Marktübersicht veröffentlicht und dabei die Speicherpreise bei Batterien größer 5 Kilowattstunden mit 700 und 1.100 Euro je Kilowattstunde Kapazität beziffert. Die für Durchschnittshaushalte besonders geeigneten Größen bis 5 Kilowattstunden Kapazität sind sogar noch deutlich teurer. Die Preise sind zuletzt um 7 bis 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen. [1]  

Dass Selbstbau und Direkteinkauf von Komponenten günstiger sein kann, ist keine Überraschung. Für die Mehrzahl der Anlagenbetreiber ist dies aber keine praktikable Option, da die Konzeption, Installation und der Netzanschluss von Photovoltaik-Speichern umfangreiches Fachwissen erfordert und nur von einem beim Netzbetreiber zugelassenen Elektromeister durchgeführt werden darf. Ungeeignete Bauteile und fehlerhafte Installation können lebensgefährliche Situationen und im ungünstigsten Fall Brände auslösen.

 

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Leserkommentar: Die Lebensdauer von Li-Ionen-Akkus sind deutlich länger als früher bei Blei-Gel-Akkus. Vor allem sind diese etwa 8 mal kleiner und haben mit 80 % eine deutlich größere Netto-Kapazität. Wie lange diese Akkus tatsächlich halten, wird die Zukunft zeigen. Meine Erfahrungen mit einem Elektro-Auto BMW i3 sind die, dass ich nach 35.000 km und 7 Jahren nur eine sehr geringe Leistungsminderung feststellen kann. Eine Minderung in der Größenordnung 60-80 % kann ich jedenfalls nicht beobachten.

 

Thomas Seltmann: In der Photovoltaik sind wir an lange Lebensdauern der Technik gewöhnt. Bei Solarmodulen halten wir 20 bis 30 Jahre für selbstverständlich und selbst die Wechselrichter sollen bis zu 20 Jahre laufen, manche sogar länger. Diese Erfahrung lässt sich auf Batteriespeicher aber nicht übertragen. Es handelt sich hierbei nämlich nicht nur um Elektronik, sondern um Elektrochemie. Die Batteriezellen enthalten aktive Substanzen und flüssiges Elektrolyt, das in ständigen Umwandlungsprozessen Energie aufnimmt und abgibt. Dabei finden verschiedene Alterungsprozesse statt, die noch nicht einmal vollständig erforscht sind, weil die Hersteller die chemische Zusammensetzung der Zellen laufend weiterentwickeln und verändern.  

Lithiumbatterien unterliegen aber nicht nur einer Alterung, wenn Sie genutzt werden, sondern gerade im Anwendungsfall Heimspeicher auch einer kalendarischen Alterung durch chemische Abbauprozesse. Der Fachbereich Speicher der RWTH hat auch hierzu bereits umfangreiche Erkenntnisse gesammelt und publiziert und warnt davor, bei der Lebensdauer von weit längeren Zeiträumen als 10 Jahren auszugehen.  

Meine eigenen Recherchen bei Herstellern und Fachleuten haben übereinstimmend ergeben, dass eine realistische Lebensdauer der Lithiumbatterien bei diesem Anwendungsfall zwischen 10 bis 15 Jahren (maximal) liegen dürfte. Die Speicherkapazität kann dabei über lange Zeit auf einem hohen Niveau bleiben, auch weil die Hersteller oft Reservekapazität einbauen, die im Lauf der Zeit nach und nach freigegeben wird. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass keine Alterung stattfindet. Vielmehr ist zu erwarten, dass zum Ende der Lebensdauer hin die nutzbare Kapazität schnell abnimmt, bis sie nicht mehr sinnvoll nutzbar ist. Auch die Energieverluste bei der Speicherung steigen im Lauf der Zeit.

 

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Leserkommentar: Der Stromdurchsatz, Effizienz und Eigenverbrauch wird viel zu kritisch gesehen. Meine Praxiswerte weisen Verluste eines Batteriespeichers von durchschnittlich 16,87 % auf.

 

Thomas Seltmann: Knapp 17 Prozent sind ja nicht so weit weg von den angenommenen 20 Prozent, die sich auch in anderen Praxisfällen bestätigen. Neuere Systeme werden etwas effizienter sein und überhaupt gibt es bei der Effizienz der Systeme große Unterschiede. Zu den Speicherverlusten der Batteriezellen selbst, die anfangs bei wenigen Prozent liegen, kommen die Umwandlungsverluste der Leistungselektronik und der Wechselrichter hinzu. Außerdem haben die Speichersysteme Stand-by-Verbräuche und im Winterhalbjahr müssen die Batterien gelegentlich aus dem Netz nachgeladen werden, wenn der Ladezustand mangels Sonneneinstrahlung bestimmte Schwellen unterschreitet. Für Details zu den Effizienzen und Verlusten in Speichersystemen empfehle ich die umfangreichen Untersuchungen der HTW Berlin. [2]

 

 

Karikatur Speicher Licht wirft Kabel weg ohne Haus

 

Leserkommentar: Warum Herr Seltmann bei der Strompreisentwicklung nur bis in das Jahr 2006 zurück geht erschliesst sich mir nicht. Bei einer Betrachtung einer PV-Anlage mit Batteriespeicher sollte man immer einen Zeithorizont von 20 Jahren wählen, sowohl in die Zukunft, als auch in die Vergangenheit. Dieses allein schon deshalb, weil für diesen Zeitraum die Vergütung nach EEG garantiert ist. Hätte der Autor die Strompreisentwicklung bis in das Jahr 2000 zurück verfolgt, hätte er festgestellt, dass sich die Strompreise in den letzten 20 Jahren verdoppelt haben. Für die Zukunft von einer Preissteigerung von etwa 1 % (halbe Inflationsrate) auszugehen, kann man nur als reichlich naiv einstufen.  

 

Thomas Seltmann: Seit 2013 sind die Strompreise für Haushaltskunden in Deutschland im Durchschnitt nur um etwa ein Prozent pro Jahr gestiegen. Zwischenzeitlich war der Preis sogar gesunken. Die Entwicklung der Jahre vor 2013 in die Zukunft zu projizieren, ist nicht plausibel, weil der starke Anstieg der EEG-Umlage damals sich voraussichtlich nicht fortsetzen wird. Die Bundesregierung will die Haushaltsstrompreise stabilisieren und hat dazu die EEG-Umlage für das Jahr 2021 auf 6,5 Cent reduziert und gedeckelt. Im Jahr 2022 wird sie auf 6,0 Cent weiter abgesenkt. Weitere Senkungen werden angestrebt, um elektrischen Strom künftig verstärkt auch für Wärmeversorgung und Mobilität (Elektroautos) attraktiv zu machen. Dazu plant die Politik, weitere Stromkostenanteile zu reduzieren und die EEG-Umlage künftig zunehmend aus der CO2-Steuer zu finanzieren. Aus diesen und weiteren Gründen ist es sinnvoll, in Wirtschaftlichkeitsrechnungen für Photovoltaik und Batteriespeichern nicht von Strompreissteigerungen weit über 1 Prozent jährlich auszugehen. Im Gegenzug könnten aber die verbrauchsunabhängigen Grundkostenanteile steigen, die durch eine Batterie oder selbst erzeugten Strom aber nicht gespart werden können.

 

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Leserkommentar: Völlig außer Acht lässt Herr Seltmann die steuerlichen Belange, wie unentgeltliche Wertabgabe für selbst verbrauchten Strom, Regelbesteuerung oder Kleinunternehmerregelung, und was vom Ertrag und Eigenverbrauch wie zu versteuern ist. Gar nicht berücksichtigt Herr Seltmann die Abschreibungsmöglichkeiten von Batteriespeichersystemen die nicht einmal bundeseinheitlich geregelt sind. So kann z. B. in NRW der Batteriespeicher nicht steuerlich abgeschrieben werden, in Baden-Württemberg dagegen schon. Auch sollte eine derartige Berechnung den Wechsel zur Kleinunternehmerregelung nach 6 Jahren beinhalten.  

 

Thomas Seltmann: Die steuerliche Behandlung von Batteriespeichern habe ich in diesem Artikel auf PV-Magazine ausführlich erläutert [3]. Wenn sich der Betreiber umsatzsteuerpflichtig erklärt und den Batteriespeicher gemeinsam mit der Photovoltaikanlage anschafft, kann er die bezahlte Umsatzsteuer auch für den Batteriespeicher vom Finanzamt erstattet bekommen. Bei einer Nachrüstung ist das in den meisten Fällen nicht möglich. Die Kosten für den Batteriespeicher können ertragssteuerlich in der Regel nur geltend gemacht werden („abgeschrieben werden“), wenn es sich um eine DC-gekoppelten Batterie handelt (eine solche Batterie wird an den Wechselrichter der PV-Anlage angeschlossen und verfügt über keinen eigenen separaten Wechselrichter). Bei kleinen Anlagen führt dies aber in aller Regel zu einem Liebhabereibetrieb der Photovoltaikanlage und damit sind weder Verluste steuerlich geltend zu machen, noch entstehen zu versteuernde Gewinne. Auf die Wirtschaftlichkeit des Batteriespeichers hat das also keine Auswirkung.

 

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Leserkommentar: Warum wurden Alternativen zur Lithiumbatterie wie Redox-Flow nicht in die Überlegungen mit einbezogen?

 

Thomas Seltmann: Bei den Salzwasserbatterien und Redox-Flow-Speichern gibt es für den Heimspeicherbereich nur wenige Produkte von einzelnen Anbietern. Mir sind keine wissenschaftlichen Untersuchungen über Langzeiterfahrungen im Praxiseinsatz bekannt. Ein Praxisvergleich eines Lithium-Ionen-Speichers mit einer Redox-Flow-Batterie in einem Mehrfamilienhaus ergab einen jährlichen Systemnutzungsgrad von 80 Prozent bei der Lithiumbatterie und 40 Prozent bei der Redox-Flow-Batterie (Quelle: Stromspeicherinspektion 2020, HTW Berlin, Seite 22). Bleibatterien haben sich für die intensive Nutzung als Heimspeicher in Haushalten mit Photovoltaikanlagen bisher weitgehend als ungeeignet erwiesen und haben keinen Kostenvorteil gegenüber Lithiumbatterien. Letztere haben sich in diesem Markt bisher weitgehend durchgesetzt und erweisen sich als technisch sehr zuverlässig und verhältnismäßig effizient.

 

Quellen:

[1] Details unter https://www.pv-magazine.de/2020/12/01/speichermarkt-in-deutschland-auf-wachstumskurs-bei-sinkenden-preisen/ und dem dort genannten weiterführenden Link.

[2] https://pvspeicher.htw-berlin.de/speicher-inspektion-2020/

[3] https://www.pv-magazine.de/2020/03/30/steuerliche-behandlung-von-batteriespeichern-praezisiert/

 

Zum Autor:

Thomas Seltmann ist unabhängiger Experte für Photovoltaik und Autor des Ratgebers „Photovoltaik – Solarstrom vom Dach“ der Stiftung Warentest sowie Initiator und Hauptautor der Rubrik „Steuertipps“ des PV-Magazine Deutschland. Er arbeitet als Referent Photovoltaik bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.