Datum: 23.10.2002

Urteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach
Aktenzeichen 63 C 89/02


zum Vertragsabschluss bei der Einspeisung von Strom in das Netz eines EVU


in dem Rechtsstreit   Kläger...  gegen  Beklagte...
hat das Amtsgericht Bergisch Gladbach, Abt. 63, im schriftlichen Verfahren nach § 495a ZPO am 08.05.2002 durch den Richter am Amtsgericht Hallermeier

für Recht erkannt:

die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Ohne Tatbestand gem. § 313 a ZPO.
 
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.

Den Klägern steht kein Anspruch auf Vergütung des von ihnen mit ihrer Photovoltaik-Anlage erzeugten und in das Stromnetz der Beklagten während des Zeitraumes 13.08. - 28.12.01 eingeleiteten Stroms zu.
Voraussetzung für die Fälligkeit eines solchen Anspruchs ist nach Auffassung des Gerichts, dass zwischen den Parteien ein entsprechender Stromeinspeisevertrag zustande gekommen ist. Dies ist unstreitig nicht der Fall, weil die Kläger den Abschluss eines solchen Vertrages abgelehnt haben.

Das Gericht folgt den Gründen der Entscheidung des OLG Koblenz in seinem Urteil vom 28.09.1999 RdE 2000 S. 74 ff. und tritt der zu der Vorgängervorschrift, § 3 EEG, geäußerten Rechtsauffassung bei, wonach die Lieferung von Strom aus privat betriebenen Stromerzeugungsanlagen gegen Bezahlung ein privates Kaufgeschäft ist, das den Abschluss eines entsprechenden schuldrechtlichen Vertrages voraussetzt. Der in § 3 EEG normierte Kontrahierungszwang verpflichtet das Energieversorgungsunternehmen nicht zum Leistungsaustausch schlechthin. Vielmehr kann es, soweit es die Abnahmepflicht nicht in Frage stellt, grundsätzlich selbst bestimmen, zu welchen Konditionen und Modalitäten es zu einer Vertragsdurchführung bereit ist. Für § 3 EEG gilt insoweit nichts anderes als auch für andere gesetzliche Regelungen die einen Kontrahierungszwang zum Abschluss privatrechtlicher Verträge begründen. Das Gesetz regelt den Inhalt des dem Versorgungsunternehmen von dem Stromeinspeiser aufgezwungenen Stromeinspeisungsvertrages nicht abschließend. Es fehlen im Gesetz technische und rechtliche Einzelheiten, wie sie für die praktische Abwicklung der Stromeinspeisung erforderlich sind. Dies gilt etwa für die Festlegung des Übergabepunktes, der Netzspannung, der Qualität der Stromlieferung und die Erfassung des zu vergütenden Stroms (OLG Koblenz a.a.O.). Insbesondere muss es der Beklagten vorbehalten bleiben, den eingeleiteten Strom mit einem von ihr zur Verfügung gestellten Stromzähler, der geeicht ist, den technischen Anforderungen entspricht, ihr zugänglich ist und von ihr abgelesen werden kann, zu messen. Allerdings sind die Kläger nur verpflichtet, einem Vertragsentwurf zuzustimmen, soweit dessen Inhalt keine unbilligen  oder willkürlichen Regelungen enthält. Letzteres ist vorliegend, was den von der Beklagten vorgelegten Vertragsentwurf angeht, der Fall. Soweit die Kläger eine unangemessene Benachteiligung in der Regel des § 7 Nr. 2 des Vertragsentwurfes sehen, kann dem nicht gefolgt werden. Es erscheint nicht unbillig, dass die Beklagte die Vergütung nach § 8 EEG unter dem Vorbehalt leistet, dass die entprechende Regelung nicht nachträglich durch eine rechtskräftige Entscheidung oberster Gerichte für unanwendbar erklärt wird und für diesen Fall dem Einspeiser lediglich die durch die Einspeisungen vermiedenen Strombezugskosten erstatten will. Durch eine solche Erstattung wird einem angemessenen Ausgleich der durch die Stromeinspeisung von der Beklagten erlangten Vorteile hinreichend Rechnung getragen.

Ein Anspruch steht den Klägern auch nicht aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung, § 812 BGB, zu.
Insoweit fehlt es an einer schlüssigen Darlegung, inwieweit die Beklagte durch die Stromeinspeisung seitens der Kläger konkret bereichert ist und in welcher Höhe der Beklagte tatsächlich ein geldwerter Vorteil entstanden ist.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 232,84 Euro                                   Hallermeier



Kommentar des Solarenergie-Fördervereins:

Sind Einspeiseverträge erforderlich?

Der SFV steht auf dem Standpunkt, dass Einspeiseverträge mit dem Netzbetreiber unnötig sind und den Anlagenbetreiber fast in jedem Fall benachteiligen.

Es gibt mehrere Gerichtsurteile, die bestätigen, dass ein Einspeisevertrag nicht notwendig ist. Siehe dazu weitere Urteile.

Es gibt allerdings auch anderslautende Gerichtsurteile, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen.

Besonders interessant ist ein Urteil des OLG Schleswig, in welchem "der Spieß umgedreht" wurde. Dort musste der Netzbetreiber einen Vertragswortlaut hinnehmen, den der Anlagenbetreiber vorgeschlagen hatte.
 
 

OLG Koblenz, Urteil vom 28.09.1999
- 1 U 1044/96 -
Einspeisevertrag ja, falls zumutbar
(Dieses Urteil erfolgte allerdings unter
den Bedingungen des StrEG, welches nicht mit
dem EEG übereinstimmt)
OLG Schleswig, 
Beschluß v. 25.05.2001 - 1 U 157/97 -,
Urteil v. 19.04.2002 - 1 U 166/98 -, verkündet am 17.05.2002
Schlussurteil v. 19.04.2002 - 1 U 167/98 -, verkündet am 17.05.2002
(Der Netzbetreiber musste den Vertragsentwurf
des Einspeisers akzeptieren!!!)
 LG Gießen, Vergleich v. 15.08.2001
- 1 S 595/00 -
nein, Vertrag nicht nötig
LG Oldenburg, Vergleich v. 22.06.2001
- 6 O 675/01 -
Vertrag sinnvoll, aber nicht nötig
LG Oldenburg, Beschluß v. 24.05.2002
- 13 S 52/02 -,
nein (Netzbetreiber zum Anschluß ans Netz
auch ohne Vertrag verpflichtet)
AG Bergisch Gladbach, Urteil v. 08.05.2002
- 63 C 89/02 -,
ja, Vertrag ist notwendig. Berufung war wegen zu geringem Streitwerts nicht möglich.
AG Rendsburg, Urteil v. 08.04.2002
- 11 C 565/01 -,
nein, Vertrag nicht nötig.
AG Hamburg, Urteil v. 11.12.2001
- 12 C 472/01 -,
nein, Vertrag nicht nötig.

Gerichtliches Verfahren besser erst oberhalb 600 EUR anstrengen!

Ärgerliche Erfahrungen machte ein Einspeiser, der über ein gerichtliches Mahnverfahren seine Einspeisevergütung eintreiben wollte.
Das Amtsgericht Bergisch-Gladbach wies seine Klage zurück (s.o.). Die Begründung des Gerichts - nach Auskunft von Rechtsanwältin Dr. Bönning durchaus angreifbar - konnte dennoch nicht gerichtlich angefochten werden, weil der Streitwert unter 600 EUR lag und damit keine Berufung möglich war.
Wir empfehlen deshalb, zwar von Anfang an schriftlich zu mahnen, eine Klage aber erst dann zu erheben, wenn sicher ist, dass zum voaussichtlichen Verhandlungstermin der Streitwert der ausstehenden Vergütung  über einen Betrag von 600 Euro liegt.

Aufruf zur Solidarität mit PV-Betreibern

Der Solarenergie-Förderverein schlägt vor, dass Stromkunden ihren Stromhändler wechseln, falls er mit einem Netzbetreiber verbunden ist, der das o.g. Urteil als Druckmittel verwendet, um eine Vertragsunterschrift zu erzwingen. Wir bitten um Mitteilung, welche Netzbetreiber dies tun.