vom 11.10.2001 (überholt)

Klare Worte von Hans-Josef Fell MdB

Abgeordneter der Grünen gegen Verwässerung der Energie-Zielvorgaben

Liebe Freundinnen und Freunde der Erneuerbaren Energien,

ich möchte Sie, Euch, darüber informieren, dass das von Michaele Hustedt erarbeitete und kürzlich vorgestellte Zukunftsenergieprogramm (als pdf-Datei zum Herunterladen)    (am Bildschirm lesbar) nicht in den Gremien der bündnisgrünen Bundestagsfraktion behandelt wurde. Weder die Arbeitsgruppe Energie noch der dafür zuständige Arbeitskreis, geschweige denn die Fraktion hatten das Papier verabschiedet oder auch nur behandelt. Es handelt sich somit um die Privatmeinung von Frau Michaele Hustedt MdB, die ich in einer Reihe von relevanten Punkten nicht teile.

Frau Hustedt äußert darin die Auffassung, dass Erneuerbare Energien bis 2050 maximal 50% zur Energieversorgung beitragen könnten; dies bei gesunkenem Energieverbrauch. Eine solche Annahme liegt damit weit unter den Ausbauzielen für Erneuerbare Energien des Ölmultis Shell, der bei einem verdoppelten Energieverbrauch ebenfalls 50% für realistisch hält. Ich halte beide Annahmen für wenig ambitioniert, da die bereits in Deutschland und anderen EU Ländern realisierten Wachstumsraten einen wesentlich schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien als realistisch erscheinen lassen. Aus meiner Sicht wäre bis spätestens 2050 eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien möglich, wenn die Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden.

Frau Hustedt betrachtet das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) indirekt als Übergangslösung zu einem Zertifikatesystem, da sie lediglich Zertifikats- oder Ausschreibungsmodelle als wettbewerblich ausgerichtete Instrumente betrachtet. Garantiepreissysteme und Zuschüsse sollen dagegen nur für technologische Entwicklungen und Markteinführungen sinnvoll sein. Ich teile diese Auffassung nicht. Aus meiner Sicht ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz ein bewährtes Instrument, welches gerade aus wettbewerblicher Sicht Zertifikatsmodellen weit überlegen ist. Zertifikatssysteme müssen sich erst noch bewähren. Sie weisen eine Reihe von Problemen auf, deren Lösung noch unklar erscheint. Ausschreibungsmodelle, wie sie von Frau Hustedt favorisiert werden, haben zumindest bisher praktisch keine Erfolge gezeigt. Es ist mir völlig unverständlich, warum Frau Hustedt einen Instrumentenwechsel jetzt, wenn auch nur indirekt ins Spiel bringt, wo der Erfolg des Erneuerbare-Energien-Gesetzes offensichtlich wird.

Frau Hustedt äußert die Auffassung, dass in der Zukunft nur noch Stromerzeugungsanlagen gebaut werden, die sich in kurzen Zeiträumen amortisieren. Ich teile diese Auffassung nicht. Dies wäre das Ende u.a. der Windenergie, der Fotovoltaik und der Geothermie. Indirekt ist dies auch ein erneuter Angriff auf das EEG, das 20 jährige Amortisationszeiten beinhaltet.

Frau Hustedt klammert völlig die Frage der begrenzten Ressourcen aus. Sie tut dies, obwohl erst dieses Jahr das Büro für Technikfolgenabschätzung des deutschen Bundestages eine Studie veröffentlicht hat, in der davon ausgegangen wird, dass schon in den nächsten Jahrzehnten mit einem weltweiten Rückgang der Öl- und Gasförderung zu rechnen ist. Dies ist eine besorgniserregende Entwicklung, der nicht mit einer Ausbaustrategie bei dem von Frau Hustedt favorisierten Erdgas begegnet werden kann.

Folglich hat Frau Hustedt auch keine Probleme damit, auf einen starken Ausbau der Erdgasnutzung zu setzen, obwohl dieser aufgrund der begrenzten Ressourcen nicht mehr in großem Umfange möglich sein wird. Frau Hustedt ignoriert im übrigen auch, dass die jüngste Fichtner Studie Erdgas wesentlich kritischer unter Klimagesichtspunkten einstuft, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Die Studie betrachtet nämlich sämtliche Klimagas-Emmissionen von der Erdgasförderung bis zur Verbrennung. Auf dem Weg zum Kraftwerk treten eine Reihe von Klimagasen aus, die bislang kaum betrachtet wurden. Alleine die Klimagefahren durch Erdgas sollten uns vor einer Erdgasausbaustrategie abhalten.

Unverständlich ist für mich auch, dass Frau Hustedt sogar der schmutzigen Importkohle aus Kostengründen das Wort redet. Für mich ist der Import von Kohle z.B. aus China alleine aus humanitären, Menschenrechts- und Klimaschutzgründen nicht akzeptabel.

Frau Hustedt spricht von der Wasserstoffwirtschaft als ob dies die einzige mögliche Energiezukunft sei. Ich halte es für möglich, dass sich diese Option durchsetzen wird und wir sollten die Wege dorthin unterstützen. Aber es ist auch sehr gut möglich, dass andere Wege sich als die ökologischeren und wirtschaftlicheren herausstellen. Wir wissen heute noch viel zu wenig hierüber. Wer sich heute auf nur einen Weg so stark festlegt, verbaut sich möglicherweise bessere Alternativen. Frau Hustedt wird die Frage noch beantworten müssen, wieso es aus ihrer Sicht Sinn macht, mit Strom Wasserstoff zu gewinnen und diesen dann in einem GuD-Kraftwerk wieder in Strom umzuwandeln.

Aus meiner Sicht wären noch mehr Details zu diskutieren. Es erschien mir aber sinnvoll, nur die wichtigsten Meinungsunterschiede hervorzuheben. Ich hoffe, ich kann damit eine Debatte beleben, die dazu führt, ein grünes Energieprogramm zu schreiben, welches den Herausforderungen durch Klimaveränderung, Ressourcenbegrenzung, Gefahr durch Terroranschläge wirklich gerecht wird. Die in den letzten Jahren gerade auch durch grüne Regierungsbeteiligung erreichten Wachstumsraten der Erneuerbare Energien lassen zusammen mit den bereits erreichten und zukünftigen Einsparerfolgen eine Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien in wenigen Jahrzehnten als realistisch erscheinen. Wir Grüne sollten dies auch offensiv nach außen vertreten und nicht mit Szenarien, die sogar noch hinter denen der Ölindustrie zurückfallen, selbst gefährden.

Hans-Josef Fell MdB