Datum: 20.08.2002

Zur Hochwasserkatastrophe

Es erscheint fast unglaublich, aber immer noch melden sich sogenannte "Experten" zu Wort, die mit dem Anschein wissenschaftlicher Kompetenz darauf bestehen, dass die furchtbaren Überschwemmungen von Spanien bis zur russischen Schwarzmeerküste keinen Beweis für eine menschengemachte Klimakatastrophe bedeuten. Die Regenfälle im Hochsommer entsprächen nicht den Klimamodellen, weil diese nämlich Starkregenfälle für den Winter vorhersagen. Dieser und viele andere Gründe werden von ihnen an den Haaren herbeigezogen. Und immer noch finden sich Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehredaktionen, die diesen Leuten eine Plattform zur Verbreitung ihrer unseligen Parolen bieten.

Wie stellen sich diese "Experten" eigentlich einen überzeugenden Beweis für die Klimakatastrophe vor? Genügt es ihnen nicht, dass es in China kürzlich über 1000 Überschwemmungstote gegeben hat, in Indien fast 500 und weitere verheerende Überschwemmungen auf den Philippinen, in Bangladesch, in Südamerika, im mittleren Westen der USA vor wenigen Jahren und an der Oder vor 5 Jahren? Sollen mit dem entsetzlichen Dauerregen auch noch Flugblätter vom Himmel klatschen, auf denen das Wort "Klimakatastrophe" in der jeweiligen Landessprache aufgedruckt steht?

Nichts gegen die Wissenschaftler, die in großer Akribie alle erreichbaren Fakten zusammentragen, sie in Fachzeitschriften veröffentlichen, abwägen und diskutieren, und an der Verbesserung ihrer Klimamodelle arbeiten!

Doch denjenigen, die sich in diesen Tagen mit der Aussage zu Wort melden, es gäbe immer noch keinen Beweis für eine antropogene (durch menschliche Aktivitäten hervorgerufene) Klimakatastrophe, geht es nicht um eine anregende Diskussion unter Wissenschaftlern, sondern sie unternehmen den Versuch, die Einsicht ihrer Zuhörer in das Verschulden oder Mitverschulden der Industriegesellschaft an der Klimakatastrophe zu verhindern. Ohne diese Einsicht aber kann der Wille zur Umkehr, zur Energiewende nicht entstehen. Hier geht es somit, sogar angesichts der nationalen Katastrophe, um Interessenpolitik im Sinne der konventionellen Energiewirtschaft.

CDU-Chefin Dr. Angela Merkel jedenfalls hat bereits davor gewarnt, die Unwetter zum Wahlkampfthema zu machen. Anstatt anzukündigen, dass sie im Falle eines Wahlsieges die Erneuerbaren Energien mit aller Macht fördern werde, hat sie vorsorglich darauf hingewiesen, dass die Erneuerbaren Energien ohnehin nicht ausreichen würden, die Klimakatastrophe zu verhindern...
Schon vor etwa sechs Jahren hat sie - damals als Umweltministerin - die Markteinführung der Erneuerbaren Energien erheblich gebremst, indem sie verkündete, dass Sonne, Wasser, und Wind auch auf lange Sicht nicht mehr als 4% des deutschen Strombedarfs würden decken können. Damit wiederholte sie wörtlich eine damalige "Werbeaussage" der deutschen Stromversorger. Ihre damalige Prognose ist längst widerlegt, denn inzwischen ist der Anteil der Erneuerbaren bereits doppelt so hoch wie vorhergesagt, und er wächst weiter!

Frau Merkels damaliger Irrtum ist also offensichtlich, dennoch beteiligt sie sich weiter an der Entmutigungskampagne der etablierten konventionellen Energiewirtschaft gegen die Erneuerbaren Energien. So begründet sie bereits vor der Bundestagswahl, warum sie sich für die Erneuerbaren nicht sonderlich einsetzen wird, falls sie an die Macht kommt; Interessenpolitik.

Die präziseste Schilderung dessen, was uns in den nächsten Jahrzehnten bevorsteht, hat Innenminister Schily geliefert, indem er darauf hinwies, dass ähnliche Hochwasserkatastrophen zukünftig in immer kürzeren Abständen auftreten würden. Er schlug die Einrichtung eines europäischen Hilfsfonds vor. Schily vergaß noch zu erwähnen, dass beim nächsten Mal auch höhere Pegelstände erreicht werden können als diesmal.

Sofortmaßnahmen müssen natürlich sein, da hat Schily Recht. Aber die Bekämpfung der Ursachen darf darüber nicht vergessen werden.

Wir sollten es deshalb bei jeder Gelegenheit wiederholen: Die einzige Maßnahme, die wirklich bei der Ursache ansetzt, ohne uns gleichzeitig den bekannten Risiken der radioaktiven Verseuchung, z.B. nach einem Terroranschlag, auszusetzen, ist der raschest-mögliche Ausbau aller Erneuerbaren Energien. Die Aussage der Energieexperten von CDU und FDP, die Erneuerbaren würden die deutsche Wirtschaft finanziell unzumutbar belasten, ist lächerlich, wenn man die Kosten der Energiewende mit den Kosten allein schon der gegenwärtigen Hochwasserkatastrophe vergleicht. Und die Kosten für die Beseitigung zukünftiger Klimaschäden werden ins Unermessliche steigen, wenn wir noch länger warten.

Noch zwei Erläuterungen zum Thema:

1. Zusammenhang zwischen Starkregen und CO2-Ausstoß - eine vereinfachte Darstellung der Ursachenkette:

  • CO2 (d. h. unsichtbares und geruchloses Kohlendioxid aus Öl- und Gasheizungen, aus Kraftfahrzeugen, Flugzeugen und Elektrizitäts-Kraftwerken) steigt auf.
  • CO2 verringert die Abstrahlung von Wärme in den Weltraum, es vermindert damit die nächtliche Abkühlung und lässt die tägliche Erwärmung durch die Sonne noch wirksamer werden.
  • Nicht nur die Erde wird wärmer; sondern auch das Meerwasser und die Lufthülle.
  • Wärmeres Wasser verdunstet mehr als kaltes Wasser.
  • Warme Luft kann mehr Wasser transportieren, sogar ohne Wolkenbildung. Die Luft wird bei wolkenlosem Himmel lediglich als feucht und schwül empfunden.
  • Mehr Wasser in der Luft bedeutet die Möglichkeit zu ergiebigerem Regen.

Diese Begründungskette gilt natürlich auch, wenn die Starkregenfälle im Sommer auftreten! Wären das Mittelmeer und die darüberstreichenden Luftmassen nicht so warm gewesen, so hätte der Regen in Tschechien nicht so ergiebig sein können!

2. Zur Behauptung, es gebe keinen Beweis für die Klimakatastrophe

  • Als "bewiesen" im naturwissenschaftlichen Sinn kann nur gelten, was experimentell bestätigt und insbesondere reproduziert werden kann. Nun läßt sich aber dieses gigantische Klimaexperiment, das wir mit unserer Erde anstellen, naturgemäß nur ein einziges Mal durchführen. Eine Bestätigung (oder Widerlegung) in mehreren unabhängigen Versuchen ist daher prinzipiell unmöglich, weil wir eben nur diese eine Erde zur Verfügung haben. Daher wird es in diesem streng wissenschaftsmethodischen Sinne NIEMALS einen endgültigen Beweis für den anthropogenen Einfluß auf das Klima geben. Dies aber verschweigen die "Zweifler". Sie verhalten sich wie der böse Onkel in dem schlechten Scherz, der die beruhigende Auskunft gibt, "natürlich kannst Du diese Pilze essen" und den alarmierenden Rest des Satzes: "aber nur einmal!", weglässt.
  • Es sind, soweit sind sich die Klimawissenschaftler einig, "nur" Wahrscheinlichkeitsaussagen möglich, sowohl dafür, dass es überhaupt eine anthropogene Klimaveränderung gibt wie auch dafür, daß die jetzigen Hochwasser auch wirklich darauf zurückzuführen sind.
    Aber:
    Klimaforscher sprechen von mindestens 95% Wahrscheinlichkeit für einen anthropogenen Treibhauseffekt. 95% sind kein "Beweis", aber stellen Sie sich doch zum Beispiel eine Brücke vor, die nach Aussage der Statiker mit etwa 95% Wahrscheinlichkeit zusammenstürzen wird. Würden Sie diese Brücke nicht sofort sperren lassen? Doch bei der Überlebensfrage der Menschheit soll eine "Einsturzgefahr" von 95% noch nicht genug Grund zum Handeln sein?

Natürlich gibt es Einflüsse auf das Klima - wie Änderung der Sonnenflecken-Intensität und Vulkanausbrüche - die wir nicht ändern können. Die Diskussion aber, ob es nur eine zur Hälfte (oder mehr oder weniger) durch uns Menschen verursachte Beeinflussung des Klimas gibt, darf keine weitere Untätigkeit begründen. Wichtig ist es vielmehr, dort etwas zu tun, wo wir Einfluss nehmen können.
Dass z. B. der CO2-Gehalt der Atmosphäre zur Erwärmung beiträgt, ist unter anerkannten Wissenschaftlern unbestritten. Und am CO2 -Ausstoß können wir etwas tun.

Unser Appell: Informieren Sie im Bekanntenkreis über die physikalischen und politischen Zusammenhänge, halten Sie die erneuerbaren Energien im Gespräch und geben Sie bei der Wahl am 22. September einer Partei eine Chance, die sich für eine vollständige Energiewende einsetzt.

Das Volk fordert keine "Beweise" für die anthropogene Klimaveränderung. Es ist klug genug, die Zeichen zu deuten und die Gefahr zu erkennen. Es braucht jetzt eine führende, glaubwürdige Kraft, die ein energetisches Gesamtprogramm vorlegt.