Keine Stromsteuer bei Eigenentnahme aus Photovoltaikanlagen bis 700 kW

Ein unfreiwilliger Aprilscherz
Wolf von Fabeck

Angefangen hat es mit einer Notiz in den Aachener Nachrichten vom 25.03.99. Bis zum 1. April hätten Betreiber von Anlagen der erneuerbaren Energien die Möglichkeit, sich von der Steuer auf Strom aus ihren eigenen Anlagen freistellen zu lassen.

Ha, ha, dachten wir in der SFV Geschäftsstelle, natürlich einer dieser doofen Aprilscherze; darauf fallen wir(!) doch nicht mehr rein. Doch dann etwas nachdenklicher... Aber der neuen Regierung ist ja manches zuzutrauen, und unsere Mitglieder verlassen sich natürlich darauf, daß wir sie über die neuesten Entwicklungen auf dem laufenden halten. Also schnell bei der Oberfinanzdirektion Köln angefragt. Dort die kurze Auskunft, die Pressemeldung träfe zu, aber nicht die OFD in Köln, sondern das Hauptzollamt in Aachen sei zuständig.

Beim Hauptzollamt gab eine freundliche Dame - hörbar um Fassung und Geduld bemüht - ausführlich Auskunft. Ja die Terminierung sei wirklich etwas knapp. Betroffen seien Anlagen, die 0,7 Megawattstunden im Jahr oder mehr erzeugen. Deren Betreiber könnten noch bis zum ersten April einen formlosen Antrag auf Erlaubnis zur Entnahme von stromsteuerbefreitem Strom stellen. (Anmerkung: Jede kleine PV-Anlage von 7 Quadratmeter Größe liefert jährlich mehr als 0,7 MWh und bei unseren Mitgliedern, Dauerspendern und Abonnenten gibt es wahrscheinlich weit mehr als 1000 solcher Anlagen).

Mittlerweile war es Donnerstag Abend, noch 4 Arbeitstage für eventuelle Antragsteller! Den Gesetzestext hatten wir leider noch nicht, aber wir mußten handeln.

Rasch also einen warnendes Schreiben an befreundete Vereine, an Installateure und an die Betreiber von PV-Anlagen verfaßt und dann das Faxgerät ingang gesetzt. Das allerdings war etwas Stress. Von 600 Faxen erreichten nur 333 den Empfänger.

Dann - es war mittlerweile Freitag - ein besorgter Anruf von Herrn Babanek aus Frankweiler, er hätte inzwischen den Gesetzestext, dort wäre die Rede von 0,7 MW (nicht 0,7 MWh/a), und ob wir uns nicht vertan hätten...

Erneute Anfrage bei der freundlichen Dame vom Hauptzollamt, deren Apparat mittlerweile fast ständig besetzt war. Wir hätten im Gesetzestext 0,7 MW gelesen, und seien jetzt etwas unschlüssig wegen ihrer Auskunft vom Vortag. Ihr Kommentar: „0,7 Megawatt, sag ich doch!" (!!!!!!! Anmerkung: Eine PV-Anlage von 0,7 MW Leistung nimmt eine Fläche von etwa zehntausend Quadratmetern ein und gehört damit zu den großen Seltenheiten in Deutschland).

Also noch einmal an den Faxapparat! Wenigstens die 333 Faxadressen brauchten wir nicht noch einmal herauszusuchen. Und das „Entwarnungsfax" war auch viel kürzer und die Serie dauerte nur eine Nacht und 9 Pf/min ist ja auch ein kulanter Preis bei der Telecom.

Die Telefonanrufe, die uns dann erreichten, voll zarten Mitgefühls und ungläubigen Staunens muß ich nicht einzeln aufzählen! Glücklicherweise hat uns keiner verdächtigt, daß wir den Unterschied zwischen MW und MWh/a noch nicht begriffen hätten. Aber jeder Anrufer gab zu, daß er der neuen Regierung auch die von uns befürchtete Regelung zugetraut hätte.

Alles in allem - ein unfreiwilliger und deshalb umso besser gelungener Aprilscherz! Wir entschuldigen uns bei den unabsichtlich Beunruhigten und Irregeführten!

PS Um zukünftig die Fax-Trefferquote zu erhöhen, bitten wir alle Fax-Betreiber zu prüfen, ob „ihre" bei uns gespeicherte Fax-Nr. noch stimmt. Sie finden Ihre Fax-Nr. auf dem Versand-Etikett dieses Solarbriefs (letzte Seite). Falls Sie die Nummer bei uns korrigieren oder uns überhaupt erstmalig mitteilen wollen, senden Sie uns bitte ein ganz, ganz kurzes Fax. Es muß nicht DIN A4 sein; wir möchten jetzt Faxpapier sparen. Vordruck Seite 29

PPS Das Stromsteuergesetz liegt uns jetzt auch vor, und Sie können es auf den Seiten 34 und 35 in diesem Solarbrief nachlesen.

PPPS Nach telefonischer Auskunft aus dem Bundesfinanzministerium werden auch Anträge auf stromsteuerbefreite Eigenentnahme berücksichtigt, die nach dem 1. April bei den Hauptzollämtern eingehen.

PPPPS Für den nächsten 1. April haben wir nun auch eine tolle Idee: Wie wäre es mit einer Abgabe (wegen Ressourcenverschwendung) auf alle Dachflächen über 20 qm, die keine Solaranlage tragen? Aber das wäre vielleicht sogar eine zu gute Idee für einen Aprilscherz???