Fünf Minuten nach Zwölf

Leserbrief von Ulrich Haushofer zum Artikel "Eure Absicht in allen Ehren" (Solarbrief 2/99, S.40)

Als hoffentlich "aufgeklärter Laie" habe ich mir Gedanken gemacht, wie sich der Weltenergieverbrauch in den nächsten 20 Jahren bei dem prognostizierten Bevölkerungswachstum entwickeln könnte. Entscheidend ist der Wohlstand (= Energieverbrauch) den die Entwicklungsländer erreichen werden. Das Ergebnis ist auf der beigefügten Grafik dargestellt.

Selbst wenn die Entwicklungsländer nur 1/5 unseres jetzigen Energieverbrauchs pro Kopf erreichen können, wird der Weltenergieverbrauch um ca. 60% ansteigen. Sollten sie sogar in 20 Jahren mit uns gleichziehen können (nach den Beschlüssen von Kioto soll der Energieverbrauch in den Industrienationen in diesem Zeitraum um ca. 20% fallen) wird sich der Weltenergiebedarf um den Faktor 4,5 erhöhen.

Die Schlüsse, die hieraus zu ziehen sind, machen einem Familienvater mit 3 Kindern Angst. Wenn uns eine radikale Umkehr in der Energiepolitik nicht schnell gelingt, sind nur folgende Entwicklungen denkbar:

- Die "Dritte Welt" schafft den Sprung zu deutlich mehr Wohlstand (was sehr unwahrscheinlich ist) da unser blauer Planet ist in Kürze verheizt, gewaltige Umweltprobleme werden auf uns zukommen.

- Die Armut in der "Dritten Welt" wird sich wie in den letzten Jahren eher vergrößern; Kriege, Terror und Flüchtlingsprobleme werden aufgrund der zunehmenden Globalisierung dramatisch zunehmen und auch unsere Gesellschaft nicht verschonen (warum auch, wo wir doch die Hauptursache des Problems sind).

- Eine wahrscheinliche Entwicklung wird irgendwo zwischen diesen Extremen verlaufen, mit der Folge, dass sich die bereits heute bestehenden o.g. Problemkreise weiter verschärfen werden.

Angesichts dieser einfachen Analyse fragt sich der Laie, warum Experten und Politiker uns einreden wollen, dass wir das Problem mit 20% Energieeinsparung in den nächsten 20 Jahren schon in den Griff bekommen werden - was uns weiterbringt sind Visionen:

- Ich glaube daran, dass es möglich ist unseren Energieverbrauch um den "Faktor Vier" zu vermindern, ohne dass wir deshalb Abstriche bei unserem Wohlstand machen müssen (Assoziationen zum Buch von Ernst Ulrich von Weizsäcker und Lovins sind bewußt gewollt).

- Ich glaube daran, dass die Menschheit intelligent genug ist, ihren Energieverbrauch ausschließlich mit nachhaltigen Energieträgern zu decken.

- Ich glaube daran, dass eine Gesellschaft, die in den letzten 50 Jahren Lohnsteigerungen um den Faktor 15 verkraftet hat, auch auf eine Steigerung der bisher konstanten Energiekosten um den Faktor 4 mit den entsprechenden Rationalisierungsmaßnahmen (wohlgemerkt beim Energieverbrauch, nicht beim Personal) reagieren wird.

- Ich glaube daran, dass wir in den reichen Industrienationen in wenigen Jahrzehnten eine nachhaltige Energiewirtschaft aufbauen können, die auf die gesamte Weltbevölkerung übertragbar ist.

Ich weiß nur nicht wie lange wir noch brauchen werden bzw. wieviel Zeit uns noch bleibt. Mittlerweile ist es schon 5 Minuten nach 12 Uhr mittags - vieles ist schon verloren. Aber es ist besser notwendige Dinge nachmittags zu erledigen als gar nicht.

Ich bin nur Laie - um die Details müssen sich die Experten kümmem. Aber eines steht fest:

Ohne Ökosteuer und kostendeckende Vergütung (KV) - beides so einfach und unverfälscht wie möglich - werden diese Visionen nicht wahr werden.



Im Solarbrief zu viel Grüne KV-Politik

Leserbrief von Christof E.A. Wiedermann, F.D.P. Ortsvorsitzender in Iserlohn

Vorweg: Ich verfolge das Geschehen des SFV seit langer Zeit mit viel Sympathie und bin auch Mitglied.

Photovoltaik interessiert mich sehr und ich mache, wo ich kann, Werbung dafür. Ich bin Ortsvorsitzender der F.D.P. hier in Iserlohn, habe es geschafft, daß die kV in unserem Kommunalwahlprogramm enthalten ist und habe mich auch öffentlich dafür eingesetzt.

Übrigens haben sich alle 4 Bürgermeisterkandidaten (ich war einer davon) öffentlich dafür eingesetzt, daß in Iserlohn die kV eingeführt wird. Wieviel davon nach der Wahl übrig bleibt, wird man sehen. Ich jedenfalls werde am Ball bleiben.

Nun zu meinem Anliegen.

Ich bekomme zunehmend Probleme mit der Mitgliedschaft im SFV, nicht, weil mir die Photovoltaik weniger am Herzen liegt als früher, aber weil ich den Artikeln und Kommentaren im Solarbrief immer mehr die Botschaft entnehme, daß es wohl weniger um Solarstrom geht, als um grüne Politik. Ich bin beispielsweise sowohl für die Liberalisierung des Strommarktes und für die kV. Auch hat für mich die Frage, wie man zu Atomstrom steht, nicht so viel zu tun mit der kV.

Es sollte m. E. vermieden werden, die kV einseitig politisch zu besetzen.

Sie verwehren, mindestens aber erschweren Sie es damit Politikern anderer Parteien als den Grünen, die sich auch für die kV einsetzen, dies zu tun. Sie vermindern damit Ihre Durchsetzungsfähigkeit. Das wäre doch schade.

Ich habe kein Problem, mit Politikern anderer Parteien, auch der Grünen, in Sachfragen, und darum handelt es ich hier für mich, zusammen zu arbeiten. Ich möchte aber nicht als Hilfswilliger für andere politische Interessen mißbraucht werden.

Ich bin dem SFV dankbar für viele Argumentationshilfen, die ich dem Solarbrief entnehmen kann und würde ungern darauf verzichten. Ihre Argumente sind schlüssig und in der politischen Diskussion hilfreich, sofern sie nicht gleichzeitig parteipolitisch besetzt sind. Grenzen Sie bitte nicht die aus, die Ihren sonstigen politischen Vorstellungen nicht entsprechen, die aber gleichwohl sich für Solarstrom und sonstige regenerative Energien einsetzen möchten.

Ich wünsche mir, daß Sie und der SFV sich in ihren Argumenten und Kommentaren wieder mehr auf die Sache an sich konzentrieren. Für mich (und andere?) steigt dann der Werbewert.

Antwort des SFV:

Sehr geehrter Herr Wiedermann!

Sie haben recht! Und es ist gut, daß Ihr Brief uns die Gelegenheit gibt, einen möglicherweise unzutreffenden Eindruck zu berichtigen.

Unser Einsatz für die Energiewende braucht Unterstützung von Politikern aller Fraktionen. Auf kommunaler Ebene finden wir z.B. ein sehr breites Spektrum der politschen Zusammenarbeit für die KV.

Daß bei Ihnen (und sicher auch bei anderen) der Eindruck entstanden ist, wir würden uns einseitig nur an die Grünen wenden, liegt daran, daß bei dieser Partei (sowie bei der ÖDP) der Ausstieg aus Braunkohle und Atom und der Einstieg in die Solarenergie ein offizielles und vieldiskutiertes Thema ist. So haben die Grünen (und die ÖDP) die kostendeckende Vergütung in ihr Programm aufgenommen. Da ist es dann verständlich, wenn wir einzelne PolitikerInnen öffentlich auf Abweichungen vom eigenen Parteiprogramm aufmerksam machen. Wenn Sie in den vorausgegangenen Solarbriefen blättern, werden Sie sicher feststellen, daß PolitikerInnen der Grünen in dieser Hinsicht kritisierend angesprochen wurden.

Umso dankbarer sind wir aber, wenn einzelne Politiker aus den anderen Parteien das Thema aufgreifen, denn ein Meinungsumschwung fängt immer bei einigen wenigen an. Welcher Partei die Menschen angehören, die mit uns dafür arbeiten, daß die KV bundesweit eingeführt wird, ist dabei irrelevant! WvF



Auswirkungen des neuen Energierechts in Greifswald

Leserbrief von S.W.Schmidt

Mit dem 1.10. legt die Stromversorgung GmbH in Greifswald ihre Stromversorgung für zunächst ein Jahr still. Sie erhielt ihren Strom bisher zu 70% aus der kommunalen Erdgas-KWK, nur 30% Zukauf von der edis (Tochter der VIAG).

Diese edis bot nun billigen Braunkohlestrom mit der Bedingung an, die städtische Erzeugung komplett einzustellen. Das Angebot wurde angenommen. Somit wird in Greifswald nur noch geheizt, ohne Strom dabei.

Der Slogan für die neuen Tarife ab 1.10. lautet "lokal energy". Weil der Strom lokal beschafft und lokal verbraucht wird. Seitdem weiß ich, daß es auch vorpommersche Apfelsinen geben muß. Schließlich verbrauche ich Sie in Vorpommern.


Mißverständnis oder Panikmache?

Dieter Kaunat: "Zur besonderen Gefährlichkeit der Neutronenstrahlung" Solarbrief 3/99, S. 37

Daß über die Folgen, die sich für die Abläufe in Körperzellen nach dem Eindringen von Neutronenstrahlen ergeben, im einzelnen noch wenig bekannt ist, mag ja sein. Jedoch ist das im Artikel als Ergebnis einer Bestrahlung angegebene Beispiel äußerst mißverständlich bzw. unvollständig dargestellt und hinterläßt bei mir den Beigeschmack von Panikmache. Sichelzellenanämie ist eine erblich bedingte Erkrankung der roten Blutkörperchen. Das für die Bildung des Hämoglobins zuständige Gen sorgt für eine Abweichung der Molekülstruktur (Aminosäuresequenz) vom normalen Aufbau (also nicht, wie im Artikel dargestellt, die Deformation einer Aminosäure ist die Ursache der Sicherzellenanämie). Wenn in einem einzelnen Hämoglobin-Molekül die Deformation der Struktur durch Neutronenbestrahlung auftritt, und sich das betroffene Blutkörperchen zu einer Sichelzelle verändert, kann es unmöglich zu einer Anämie führen (zumal sich eine solche Zelle nach ca. 40 Tagen wieder auflöst).

Dieses im Artikel angebene Beispiel ist für das Verständnis nicht notwendig. Jedoch leidet unter der Ungenauigkeit der Eindruck, den ich daraufhin von dem ganzen Artikel habe (...)