Bundestag und Bundesrat haben beschlossen, die Solarstromvergütung im neuen EEG 2009 noch schneller abzusenken als in den Jahren zuvor. Zwar nicht um 30 Prozent, wie die Hardliner der Stromwirtschaft, die Abgeordneten Laurenz Meyer und Dr. Joachim Pfeiffer (beide CDU/CSU) forderten - sondern "nur" um 8 bzw. 9 Prozent jährlich. Und für Dachanlagen über 1000 kW wird die Vergütung in einem ersten großen Schritt sogar um 25 Prozent gesenkt!

Was wollen die Abgeordneten erreichen?

Was die Abgeordneten erreichen wollen, ergibt sich am besten aus den Vorschriften zur Degression der Einspeisevergütung in § 20. Diese besagen sinngemäß:

Die Degression soll abgemildert werden, wenn im jeweils vorvergangenen Kalenderjahr weniger als eine vorgegebene Menge neu installiert wurde, sie soll aber - und das ist der Punkt, mit dem wir uns jetzt genauer beschäftigen wollen - sogar noch verschärft werden, wenn im Jahr 2009 mehr als 1500 Megawatt, im Jahr 2010 mehr als 1700 Megawatt und im Jahr 2011 mehr als 1900 Megawatt installiert werden.

Nach den wirren Diskussionen der Vergangenheit ist nun zumindest eines klargestellt. Die Abgeordneten gehen offenbar davon aus, dass das Wachstum der PV von der jeweils gezahlten Einspeisevergütung abhängt und zwar in dem Sinne, dass eine geringere Einspeisevergütung zu langsameren Wachstum führt. Selbst das war ja in den letzten Monaten angezweifelt worden.

Die Zeitschrift PHOTON z.B. ging und geht immer noch davon aus, dass eine schnellere Absenkung der Einspeisevergütung zum schnelleren Sinken der Solarmodulpreise und damit letztlich zum schnelleren Wachstum der Photovoltaik führt. Sie begrüßte jetzt im Editorial 7/08 ausdrücklich die schnellere Absenkung der Solarstromvergütung und sieht einen "großen Erfolg für den Klimaschutz". Mit dieser Ansicht dürfte sie allerdings ziemlich isoliert dastehen. Den übrigen Akteuren ist schon deutlich, dass es nun langsamer vorangehen wird.

Die Photovoltaik-Neuinstallationen in Deutschland sollen jedenfalls nach dem Willen der Politik nicht mehr so schnell wachsen wie bisher. Wobei immer noch keiner genau weiß, wie schnell sie denn überhaupt im vergangenen Jahr gewachsen sind. Die uns vorliegenden Informationen deuten sogar darauf hin, dass es im vergangenen Jahr 2007 überhaupt kein Wachstum mehr gegeben hat.

Die Politik glaubt offenbar, durch die neuen Degressionsregeln einen Wachstumspfad von 200 Megawatt (MW) jährlich vorgegeben zu haben. Die deutschen Solarinstallateure sollen von Jahr zu Jahr etwa 200 MW mehr als im Vorjahr installieren dürfen. Zum Vergleich: zwischen den Jahren 2003 und 2004 betrug der Zuwachs etwa 500 MW. Aber auch 200 MW mehr als im Vorjahr installieren zu dürfen, ist ja ein freundliches Wachstum, wenn man es ausschließlich industriepolitisch betrachtet, und die Solarbranche begrüßt verhalten die neue Regelung!

Der Solarenergie-Förderverein Deutschland sieht dies allerdings anders.

Erstens, wir sind ziemlich sicher, dass beim Solarstrom keineswegs das erreicht wird, was die Abgeordneten erreichen wollen, sondern dass die Absenkung der Einspeisevergütung zu einem Desaster für die deutschen Solarinstallateure bereits im Jahr 2009 führen wird. Besonders die kleinen Installateursbetriebe haben kaum Überlebenschancen. Und die dann zur Korrektur vorgesehene Abmilderung der Degression kommt erst im übernächsten Kalenderjahr - also zu spät. Zur Begründung verweisen wir auf eine ausführliche Nachhaltigkeitsstudie des Bankhauses Sarasin vom November 2007. Dort heißt es auf Seite 57:


"(...) Wegen technischen Fortschritten und <<Economics of Scale>> werden die Kosten für PV-Anlagen in Zukunft deutlich sinken. Wir gehen von einer durchschnittlichen jährlichen Kostenreduktionsrate von 5% bis 2020 aus, was der momentanen Abnahme der deutschen Einspeisevergütung entspricht. Danach sinkt die jährliche Kostenreduktion auf 4%. (...)"

Also Sarasin sah die bisher gültige Degression der Vergütung von 5% im Einklang mit der Kostenentwicklung. Wenn die Vergütungen aber – wie leider im EEG 2009 vorgesehen - schneller sinken als 5%, schneller also als die Kosten, wird die Nachfrage in Deutschland zusammenbrechen.

Zweitens, wir möchten der Mehrheit der Abgeordneten und Ländervertreter nicht unterstellen, dass sie die PV kurz halten wollen. Wir sehen aber, dass sie für ein schnelleres Wachstum der PV kein Geld ausgeben wollen. Haben sie wirklich nicht verstanden, dass die PV ihren volkswirtschaftlichen Nutzen erst dann entfalten kann, wenn sie ein gewisses Potential erreicht hat, dass sie Wachstum braucht, um billiger zu werden, wie es jede Erfahrung mit der sogenannten "Lernkurve" zeigt? Sie verhalten sich wie ein Gärtner, der die frisch eingepflanzten Kirschbäumchen in einem trocknen Frühjahr aus falscher Sparsamkeit nicht richtig gießt.


Drittens, sagen wir es doch einmal ganz offen: Die Solarenergie, die mittelfristig einen Löwenanteil zur Vollversorgung beitragen kann, ist den kurzsichtigen Interessen der konventionellen Energiewirtschaft zum Opfer gefallen. Die konventionelle Energiewirtschaft - das ist schon seit langem kein Geheimnis mehr - empfindet gerade die Solartechnik mit ihren Möglichkeiten der Dezentralisierung als Gefährdung ihrer zentralen Strukturen und ihrer Marktmacht. Insofern ist die vom Bundestag getroffene Entscheidung zur Solarstromvergütung im EEG nicht nur eine energie- und klimapolitische, sondern auch eine strukturpolitisch verhängnisvolle Weichenstellung: Die zentralen Energieversorgungs-Strukturen, die uns massive Kostensteigerungen beschert haben, bleiben erhalten. Das Entstehen dezentraler Strukturen mit einer höheren Beteiligung der Bevölkerung an der Energieerzeugung wurde brutal abgebremst.
Die Streichung des Fassadenzuschlages, der zum Ziel hatte, die Integration der Photovoltaik in das Bild unserer Siedlungen zu verbessern, stellt hier eine besondere gezielte Schikane dar.
In Frankreich wird für Strom aus hausintegrierten Solaranlagen bereits jetzt schon mit 55 cent/kWh deutlich mehr gezahlt als derzeit (2008) noch in Deutschland.

In die gleiche Richtung läuft die unverständliche neue Bestimmung, dass völlig unterschiedliche Solarstromanlagen, die innerhalb eines Jahres auf dem selben oder dem Nachbargrundstück errichtet werden, rechnerisch zu einer Gesamtanlage addiert werden, wodurch sie unter Umständen in die ungünstigere höhere Leistungsklasse aufsteigen. Es ist zwar einzusehen, dass größere Anlagen, die im gleichen Arbeitsgang auf demselben Dach errichtet wurden, eine geringere Vergütung erhalten, weil sich der organisatorische Aufwand und die Einrüstzeit verringern. Aber die Ausdehnung der Wartezeit auf ein ganzes Jahr ist unsinnig. Sie verhindert, dass Menschen, die gute Erfahrungen mit ihrer ersten Solarstromanlage gemacht haben, bald eine weitere Anlage errichten.


Viertens, es geht ja nicht nur um die Existenz einer neuen Handwerksbranche und um die Führungsrolle der deutschen Solarindustrie in der Welt, sondern es geht um mehr. Es geht um unsere Zukunft angesichts der aufziehenden Klimakatastrophe. Es geht um die Frage, ob die Menschheit es noch rechtzeitig schafft, die konventionellen Energien durch Sonne, Wind, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie zu ersetzen.
In tiefer Sorge sehen wir, dass die Abgeordneten die Dringlichkeit eines schnellstmöglichen Umstieges auf 100% Erneuerbare Energien zur Abwehr der Klimakatastrophe immer noch nicht verstanden haben und dass sie insbesondere nicht erkannt haben, dass dieser Umstieg ohne Photovoltaik sehr viel schwieriger und langsamer und teurer sein wird. Wieder wurde eine Chance vertan.

Was kann die PV-Branche in dieser Lage tun?

Merkwürdigerweise ist selbst vielen Vertretern der Photovoltaikbranche die klima- und energiepolitische Bedeutung ihrer eigenen Technik im Rahmen einer Vollversorgung aus Erneuerbaren Energien nicht bewusst. Bezeichnend ist dafür die Reaktion des wissenschaftlichen Beirats des PV-Symposiums in Staffelstein. Unser Themenvorschlag "Die Integration der Photovoltaik in die zukünftige Vollversorgung der Bundesrepublik aus heimischen Erneuerbaren Energiequellen" wurde von diesem Beirat auf das Jahr 2010 vertagt.

Wir fragen uns, wie Politiker und die Öffentlichkeit denn die Bedeutung der Photovoltaik richtig einschätzen sollen, wenn sich noch nicht einmal die Vertreter der Branche selber mit diesem Thema beschäftigen, sondern sich ausschließlich auf industriepolitische Argumente beschränken.
Der Klimawandel schreitet fort. Wirksamer Klimaschutz muss deshalb schnell kommen und er braucht ALLE Erneuerbaren Energien und insbesondere die Windenergie im Binnenland und ganz besonders auch die Solartechnik auf Dächern, Fassaden und Lärmschutzwänden.

Was ist nun zu tun?

Es gilt, die verhängnisvolle Entscheidung zur PV-Vergütung so rasch wie möglich zu revidieren. Unser Vorschlag ist schon seit langem bekannt: Beibehaltung des 2008 geltenden Vergütungssatzes. Absenkung der Degression von 5 auf 4 Prozent.