Bisher (2010) wird Deutschland erst zu etwa 17 Prozent mit Strom aus Erneuerbaren Energien versorgt. Geht man davon aus, dass zukünftig auch der Verkehrssektor auf Erneuerbare Energien umgestellt werden muss und dass der nach Wärmedämmung aller Gebäude verbleibende Wärmebedarf teilweise auch noch über elektrische Wärmepumpen gedeckt werden muss, so erkennt man leicht, dass sich der Strombedarf zukünftig erheblich erhöhen wird. Deshalb muss jeder mögliche Standort für Windanlagen im Binnenland - natürlich unter Beachtung des Anwohner- und Naturschutzes genutzt werden. Ebenso gilt es, jedes irgendwie geeignete Gebäude sowie Lärmschutzwände für die Anbringung von Solaranlagen zu nutzen.

Ausbau der "Sammelnetze" in netzfernen Gebieten

Windanlagen und Solaranlagen auf Feldscheunen werden zunehmend in weiterer Entfernung von bereits verlegten Stromnetzen aufgebaut. Damit steigt die Notwendigkeit zum Ausbau der "Sammelleitungen" [1].
Dieser Netzausbau wird durch den SFV ausdrücklich gefordert.

In diesem Zusammenhang entsteht für die Betreiber eine erhöhte Kostenbelastung.

Für Offshore-Windparks gibt es eine betreiberfreundliche Regelung. § 17 Abs. 2a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) verpflichtet den nächstgelegenen Netzbetreiber zur Netzanbindung der Offshore-Windparks, d.h. vom Umspannwerk auf See bis zum technisch und wirtschaftlich günstigsten Netzanschlusspunkt Diese Regelung betrifft alle Windparks, mit deren Bau bis Ende 2015 begonnen wurde (§118 Abs. 3 EnWG). Die Kosten für die Netzanbindung trägt der Netzbetreiber. Er kann sie auf alle Übertragungsnetzbetreiber verteilen.
Für die Betreiber von Windparks im Binnenland fehlt leider eine entsprechende Regelung

Ausbau der "Sammelnetze" im Ortsnetzbereich

Beim Ausbau der Solarenergie im Ortsnetzbereich liegen die Verhältnisse etwas anders, da dort in der Regel bereits elektrische Anschlüsse für die dort zu versorgenden Stromverbraucher verlegt sind.
Allerdings verweigern die zuständigen Netzbetreiber immer häufiger den Anschluss von Solaranlagen an das bestehende Netz, weil es dadurch tatsächlich oder auch nur angeblich überlastet würde.
Welche Abhilfe in einem solchen Fall aus technischen Gründen gerechtfertigt wäre, ergibt sich aus folgender Überlegung. Die Höchstleistung von Solaranlagen erreicht etwa den zehnfachen Wert der Durchschnittsleistung. Diese zehnfache Leistung kann zwar durch eine erhebliche Verstärkung des Nieder- und Mittelspannungsnetzes in andere Gegenden weitergegeben werden, doch fehlt die fortgeleitete Energie dann schon wenige Stunden später in dem betroffenen Ortsteil selbst. Ein Netzbetreiber, der auf Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien setzt, sollte deshalb zunächst den Ausbau der dezentralen Stromspeicher in dem überlasteten Netzzweig vorantreiben. Das tut er aber zur Zeit noch nicht, weil es keinen kostendeckenden Anreiz zum Bau dezentraler Stromspeicher gibt, weder für den Netzbetreiber noch für die Solaranlagenbetreiber, noch für die Verbraucher.

Um Missverständnisse auszuschließen: Die Speicherung und Glättung des Solarstroms ist nicht Aufgabe der Solaranlagenbetreiber alleine. Vielmehr sollten Speicherbau-Förderanreize sich an alle Anschlussnehmer wenden.

Bild 1   Stromspeicher auch für Anschlussnehmer ohne PV-Anlage!

Verteilung von Stromspeichern im Niederspannungsnetz

 

Wird diese neue Forderung nicht erfüllt, dann unterbleibt entweder der weitere Ausbau der Photovoltaik in diesem Teil des Netzes oder es werden möglicherweise unnötige Netzverstärkungen vorgenommen, die im Endausbaustand nicht gebraucht werden.

Bevor das Netz zur Fortleitung des Solar- oder Windstroms weiter ausgebaut wird, wäre also zu klären, ob das eigene Gebiet bereits vollständig versorgt ist, genauer gesagt, ob die vorhandenen Stromspeicher bereits ausreichen, den Stromverbrauch des eigenen Gebietes vollständig aus Sonne und Wind zu decken.
Nur wenn in absehbarer Zeit mehr Solar- und Windstrom erzeugt werden wird, als in diesem Gebiet benötigt wird, erst dann ist der Ausbau der Netze zur Fortleitung des Stroms in andere Gebiete durchzuführen, und zwar in solche Gebiete, die ihren eigenen Strombedarf mangels eigenen Solar- und Windpotentials auch zukünftig nicht vollständig mit Strom aus Erneuerbaren Energien werden decken können.

Hier gibt es leider einen Widerspruch zwischen der sachgemäßen Entscheidung, die lokalen Speicher auszubauen und der gesetzlichen Regelung, die nur die Maßnahme des Netzausbaus kennt. Solange bis unsere Forderung nach Speicherausbau keinen Eingang in die Fördergesetze gefunden hat, so lange können Anlagenbetreiber bei Netzüberlastung konkret nur den weiteren Ausbau des Netzes fordern.

Internationale Fernübertragungsleitungen?

Potentialüberlegungen im nationalen Rahmen zeigen, dass jedes Land in Europa (mit Ausnahme der Niederlande) bei entsprechendem Ausbau der Erneuerbaren Energien damit seinen Jahresbedarf decken und sogar noch Überschüsse erzielen kann, mit denen die unvermeidbaren Speicherverluste gedeckt werden können. Für Deutschland kann dies mit Hilfe des Energiewenderechners gezeigt werden. Für die anderen Länder Europas gilt die Überlegung, dass dort das Verhältnis von Energiebedarf zu Landesfläche kleiner ist als in Deutschland. Weil das Potential der Erneuerbaren Energien in erster Näherung proportional zur Bodenfläche ist, lässt sich plausibel vermuten, dass eine Vollversorgung in diesen Ländern noch einfacher zu verwirklichen sein wird als in Deutschland.
Würden in jedem dieser Länder in Verbrauchernähe dezentrale Stromspeicher errichtet, deren Kapazität ausreicht, den erwarteten Verbrauch in den Wind- und Sonnenlücken zu decken, so wäre dort eine durchgängige Energieversorgung mit Erneuerbaren Energien möglich. Man könnte dort auf den weiteren Ausbau der grenzüberschreitenden Fernübertragungsleitungen verzichten, die wie vorhergehend erläutert, weder für den Hell-Dunkel-Ausgleich noch für den Ausgleich fehlenden Windes bei europaweiter Windstille benötigt werden.

Ausbau der nationalen Hoch und Höchstspannungsleitungen zur Fortleitung von Sonnen- und Windenergie


Anders sieht es allerdings aus, wenn man die untersuchten Gebiete weiter verkleinert und den Energietransport zu solchen Regionen eines Landes betrachtet, in denen energieintensive Industrie- und Gewerbeanlagen konzentriert sind, wie z.B. im Ruhrgebiet. Ergibt eine Potentialabschätzung innerhalb solcher Regionen, dass im Jahresmittel die zukünftig zu erwartende Wind- und Solarleistung nicht ausreichen wird, so sollte schon jetzt mit den Planungen zum zügigen Ausbau der erforderlichen Hoch- und Höchstspannungsleitungen begonnen werden, die elektrische Energie aus anderen Regionen des selben Landes herbeiführen können, in denen das regionale Wind- und Solarpotential voraussehbar den regionalen Jahresbedarf übersteigt.

Bei regionalem Mangel an Sonnen- und Windpotential wäre also das Heranholen von Überschussenergie aus Überschussregionen durchaus sinnvoll.
In einem Gebiet mit Überschuss wird zunächst einmal natürlich der örtliche Bedarf aus Sonne und Wind gedeckt. Der verbleibende Energieüberschuss kann dann in Mangelgebiete abgegeben werden. Die folgende Überlegungsskizze zeigt an einem Beispiel das zeitliche Verhältnis von lokal verbrauchtem Strom und dem für die Abgabe in andere Regionen verfügbaren Überschussstrom.

Bild 2   Lokaler Verbrauch und fortzuleitender Überschussstrom

Weiterleitung von ungeglättetem Überschussstrom

 

Man erkennt leicht, dass der Überschussstrom in einer so ungleichmäßigen zeitlichen Verteilung - sozusagen unregelmäßig stoßweise - angeboten wird, dass nur wenige Empfänger mit ihm etwas anfangen können (es sei denn der Empfänger wäre selbst ein Energiespeicher). Es ist auch kein Verlass darauf, dass sich die Überschussleistungen einer Region mit dem Mangel einer anderen Region statistisch ausmitteln. Es bleibt also nur, das Leistungsangebot mit Hilfe von Speichern zu glätten. Und dann bietet es sich natürlich an, dies so nahe beim Erzeuger zu tun wie möglich. Wieder lautet die Schlussfolgerung, den Speicher so dicht wie möglich beim Erzeuger zu positionieren. Der so geglättete Strom kann dann in dünneren Stromleitungen auf die Reise geschickt werden.

Vor der Weiterleitung von Strom aus Sonne- und Wind ist eine Glättung in Speicheranlagen angeraten.

Unterirdische Leitungsverlegung

Als Umweltschutzverein kennt der Solarenergie-Förderverein Deutschland die Einwände gegen Freileitungen und teilt sie weitgehend. Wir plädieren für eine unterirdische Leitungsverlegung. Diese empfiehlt sich auch im Hinblick auf die Standfestigkeit der Leitungen gegenüber der zu erwartenden Zunahme der Windgeschwindigkeiten. Im Übrigen sind gegen eine unterirdische Verlegung der Kabel auch weniger Einsprüche zu erwarten, so dass das Argument der höheren Kosten sicherlich durch eine schnellere Umsetzung des Projekts mehrfach aufgewogen wird.

 

Eine kurze Zusammenfassung aller Anfang Dezember 2010 zum Thema Ausbau von Netzen und Stromspeichern erschienenen Beiträge finden Sie hier.

 

Fußnoten

[1] Es handelt sich um Leitungen, die das "Einsammeln" der Erneuerbaren Energien ermöglichen sollen.

[2] § 17 Abs. 2a EnWG bestimmt:
„(2a) Betreiber von Übertragungsnetzen, in deren Regelzone die Netzanbindung von Offshore-Anlagen im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes erfolgen soll, haben die Leitungen von dem Umspannwerk der Offshore-Anlagen bis zu dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunkt des nächsten Übertragungs- oder Verteilernetzes zu errichten und zu betreiben; die Netzanbindungen müssen zu dem Zeitpunkt der Herstellung der technischen Betriebsbereitschaft der Offshore-Anlagen errichtet sein. Eine Leitung nach Satz 1 gilt ab dem Zeitpunkt der Errichtung als Teil des Energieversorgungsnetzes. Betreiber von Übertragungsnetzen sind zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet, die die Betreiber von Offshore-Anlagen für die Planung und Genehmigung der Netzanschlussleitungen bis zum 17. Dezember 2006 getätigt haben, soweit diese Aufwendungen den Umständen nach für erforderlich anzusehen waren und den Anforderungen eines effizienten Netzbetriebs nach § 21 entsprechen. Die Betreiber von Übertragungsnetzen sind verpflichtet, den unterschiedlichen Umfang ihrer Kosten nach den Sätzen 1 und 3 über eine finanzielle Verrechnung untereinander auszugleichen; § 9 Abs. 3 des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes findet entsprechende Anwendung."
§ 118 EnWG Abs. (7) bestimmt:
"§ 17 Abs. 2a gilt nur für Offshore-Anlagen, mit deren Errichtung bis zum 31. Dezember 2011 begonnen worden ist."