Ende September 2011 wurde von der Clearingstelle EEG das mit großer Spannung erwartete Ergebnis der Empfehlungsverfahrens „Was ist der richtige Netzanschlusspunkt?“ veröffentlicht. Die aus unserer Sicht wesentlichste Frage war, ob der in der Spannungsebene geeignete und in Luftlinie sich nächstliegend befindliche Netzverknüpfungspunkt auch dann noch gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009 zu nutzen sei, wenn in demselben Netz ein wirtschaftlich und technisch günstigerer Netzverknüpfungspunkt zur Verfügung stünde.

Der SFV argumentierte in seiner Stellungnahme zum Verfahren, dass der Anschluss der Anlage nach § 5 (1) EEG 2009 zunächst dort erfolgen müsste, wo sich der nächstliegende, in der Spannungsebene geeignete Verknüpfungspunkt für die Solarstromanlage befände. Dabei käme es nach § 5 Abs. 4 EEG 2009 nicht darauf an, ob die Kapazität dieses Netzes erst verstärkt werden muss, um die Einspeisung des erzeugten Erneuerbaren-Energien-Stroms an diesem nächstliegenden Punkt sicherzustellen. Wir argumentierten, dass es auf die Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Verknüpfungspunktes, wie es noch im EEG 2004 gefordert war, im selben Netz nicht mehr ankomme. Der Netzbetreiber könne nur die gesamtwirtschaftlichen Kosten an dem nächstgelegenen Verknüpfungspunkt mit den Kosten von alternativen Verknüpfungspunkten in einem anderen Netz vergleichen.

Unsere Interpretation des § 5 (1) EEG 2009 entsprach dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (siehe Solarbrief 2/2011, S. 55), welches den Eigenschaften der technischen Eignung und in der Luftlinie geringsten Entfernung als einzig notwendige Entscheidungskriterien zur Festlegung des Verknüpfungspunktes im selben Netz anerkannte. Dieses Urteil befindet sich allerdings derzeit in der Revision.

Die Clearingstelle EEG folgte der Argumentation des OLG Hamm und des SFV nicht. Auf Grund einer umfassenden Prüfung des Wortlautes dieses Gesetzes kam sie zu dem Schluss, dass in jedem Fall eine technische und wirtschaftliche Betrachtung zur Festlegung des Verknüpfungspunktes nach § 5 (1) EEG 2009 durchgeführt werden muss.

In den uns vorgetragenen Problemfällen wird häufig erwähnt, dass Investoren in Erneuerbare-Energien-Anlagen vom Netzbetreiber zunächst nur den Verknüpfungspunkt zugewiesen bekommen, der technisch geeignet ist. In den allermeisten Fällen prüfen Netzbetreiber nur, wo die Einspeisung ohne Netzausbau pauschal möglich wäre. Eine umfängliche Berechnung, ob ein zusätzlicher Netzausbau einen kostengünstigeren und netztechnisch zulässigen Verknüpfungspunkt ergeben könnte, bleibt oft unbetrachtet. Da Investoren in der Regel kein Interesse haben, in langen Verhandlungen oder rechtlichen Auseinandersetzungen andere Anschlusspunkte zu überprüfen, bleibt es meist bei diesem Verknüpfungspunkt. Wo kein Kläger, da gibt es eben keinen Richter.

Die Kosten für die Ertüchtigung des Netzes werden auch weiterhin hauptsächlich auf Anlagenbetreiber abgewälzt - es sei denn, man wagt die Hinzuziehung von Fachleuten, Rechtsanwälten, ordentlichen Gerichten oder der Clearingstelle EEG. Insofern wird die Rechtsempfehlung der Clearingstelle EEG zur Handhabung des Gesetzestextes diese ungenügende Rechtspraxis nur bedingt verändern können.
Fazit des SFV: Die Bestimmung des Verknüpfungspunktes auf Grundlage entfernungs- und spannungstechnischen Prüfungen wäre für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Minimierung des finanziellen Risikos der Anlagenbetreibers der einfachere und bessere Weg gewesen.
Es folgt die Zusammenfassung der Empfehlung der Clearingstelle EEG.

Den vollständigen Empfehlungstext finden Sie unter http://www.clearingstelle-eeg.de/empfv/2011/1

Zusammenfassung der Empfehlung 2011/1 der Clearingstelle EEG

1. Der gesetzliche Netzverknüpfungspunkt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009 ist dann nicht der in Luftlinie nächstgelegene Netzverknüpfungspunkt, wenn ein technisch und wirtschaftlich günstigerer Verknüpfungspunkt vorliegt. Der gesetzliche Verknüpfungspunkt ist in diesem Fall der technisch und wirtschaftlich günstigste Netzverknüpfungspunkt, und zwar auch dann, wenn kein anderes, sondern dasselbe Netz den technisch und wirtschaftlich günstigsten Netzverknüpfungspunkt aufweist.
Der technisch und wirtschaftlich günstigste Verknüpfungspunkt ist durch eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung der Kosten zu ermitteln.

2. (a) Ausgehend von dem in § 5 Abs. 1 EEG 2009 geregelten gesetzlichen Verknüpfungspunkt darf die Anlagenbetreiberin bzw. der Anlagenbetreiber das Wahlrecht gemäß § 5 Abs. 2 EEG 2009 ausüben und abweichend von dem in § 5 Abs. 1 EEG 2009 festgelegten Verknüpfungspunkt einen anderen Verknüpfungspunkt bestimmen. Das Letztzuweisungsrecht gemäß § 5 Abs. 3 EEG 2009 berechtigt den Netzbetreiber, abweichend von dem Verknüpfungspunkt nach § 5 Abs. 1 EEG 2009 oder von dem gewählten Verknüpfungspunkt nach § 5 Abs. 2 EEG 2009 einen weiteren anderen Verknüpfungspunkt zu bestimmen.

(b) § 5 Abs. 1 steht zu § 5 Abs. 2 und Abs. 3 EEG 2009 in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis. Das Wahlrecht der Anlagenbetreiberin bzw. des -betreibers nach § 5 Abs. 2 EEG 2009 und das Letztzuweisungsrecht des Netzbetreibers nach § 5 Abs. 3 EEG 2009 stehen zunächst gleichberechtigt nebeneinander. Dies gilt allerdings nur solange wie die Anlagenbetreiberin bzw. der -betreiber nicht von dem Wahlrecht nach § 5 Abs. 2 EEG 2009 Gebrauch gemacht hat. Nach Ausübung des Rechtes aus § 5 Abs. 2 EEG 2009 verdrängt das Letztzuweisungsrecht des Netzbetreibers nach § 5 Abs. 3 EEG 2009 das Wahlrecht der Anlagenbetreiberin bzw. des -betreibers aus § 5 Abs. 2 EEG 2009. Der Netzbetreiber ist gemäß § 5 Abs. 3 EEG 2009 auch dann berechtigt, einen Netzverknüpfungspunkt zuzuweisen, wenn die Anlagenbetreiberin bzw. der Anlagenbetreiber nicht von ihrem bzw. seinem Wahlrecht nach § 5 Abs. 2 EEG 2009 Gebrauch gemacht hat.

3. (a) § 5 Abs. 1 Satz 2 EEG 2009 ist Spezialregelung zur Ermittlung des Netzverknüpfungspunktes gegenüber § 5 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009.

(b) Die Anlagenbetreiberin bzw. der Anlagenbetreiber ist nicht berechtigt, den Anschluss gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 EEG 2009 an einem bereits bestehenden Verknüpfungspunkt desselben Grundstücks (Anlagengrundstück) zu verlangen, wenn und soweit dem Netzbetreiber die Kapazitätserweiterung an diesem Netzverknüpfungspunkt gemäß § 5 Abs. 4 i.V. m. § 9 Abs. 3 EEG 2009 wirtschaftlich unzumutbar ist, denn § 9 Abs. 3 EEG 2009 ist sowohl auf den Anschlussanspruch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 als auch auf den nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EEG 2009 anwendbar. Die Anlagenbetreiberin bzw. der -betreiber ist in diesem Fall berechtigt, den Anschlussanspruch aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009 und das Recht aus § 5 Abs. 2 EEG 2009 geltend zu machen.