Sie lesen lieber auf Papier?
Mitglieder erhalten den Solarbrief auf Wunsch gratis per Post zugestellt. Nicht-Mitglieder können Einzelexemplare zum Preis von 7 Euro bestellen. Das Jahresabo kostet 20 Euro. Ihre Bestellung können Sie per E-Mail an zentrale@sfv.de richten.
Liebe Leserinnen und Leser,
Stellen Sie sich einmal vor, Sie sitzen in der Eigentümerversammlung ihres Sechs-Parteien-Mehrfamilienhauses. Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist vollständig erschienen. Die Verwalterin moderiert durch die Tagesordnung und kommt schließlich zur Beschlussfassung über die Installation einer Photovoltaik-Aufdachanlage zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung. Im Erdgeschoss freut sich das Rentner:innen-Ehepaar, dass endlich die Akkus für die neuen E-Bikes mit Sonnenenergie geladen werden können. Die Vermieterin der Wohnung aus der 1. Etage links möchte ihren Mieter:innen schon lange günstigen Solarstrom anbieten. Der Physiklehrer aus der 2. Etage sieht einen wichtigen Meilenstein für die Wärmepumpe im nächsten Jahr genommen. Seine Nachbarin ist sicher, einen guten Beitrag zur Autarkie und Abschied von den Fossilen zu leisten. Die junge Familie in der Dachgeschosswohnung ist gerührt von der Vorstellung, gemeinschaftlich in einer WEG für die Zukunft der Kinder zu sorgen. Und Sie selbst – 1. Etage rechts? Was wäre Ihre Motivation?
In dieser Utopie eint die Photovoltaik die vielfältigen Interessen der Eigentümer:innen – alles unter einem Dach. In der Realität sieht das leider oft ganz anders aus und die meisten von uns haben eher dystopische Geschichten aus WEGs zu erzählen. Zusätzlich erreichen den SFV immer mehr verunsicherte Nachfragen zu den aktuellen Referent:innen-Entwürfen, zum neuen Strommarktdesign sowie zum Energiewirtschaftsrecht. Mögliche PV-Projekte von Investor:innen, auch für PV-Aufdachanlagen auf Mehrfamilienhäusern, scheinen unerreichbar.
Doch bleiben wir bei den Fakten und treten für diese ein: Die Photovoltaik ist für die Bürger:innen greifbar und ein zentraler Baustein der Energiewende. Sie bietet Millionen von Menschen eine preiswerte Energieversorgung vor Ort. Sie ist ökologisch, sozial und wirtschaftlich unschlagbar.
Selbstverständlich braucht es Antworten auf die schwankende Verfügbarkeit von Sonnenstrom. Aber genau hier bietet die gemeinschaftliche Nutzung von solarer Energie durch gemeinsame Speicher- und Energy-Sharing-Konzepte ideale Lösungen. Mit dem Solarpaket 1 kam die Zuversicht, dass sich Konzepte zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, deren Umsetzung bislang als kompliziert galt, realisieren lassen. Wichtige und lange geforderte Vereinfachungen wurden auf den Weg gebracht.
Mittlerweile gibt es eine große Anzahl motivierender Erfolgsgeschichten. Immer mehr WEGs entscheiden sich für die gemeinsame PV-Aufdach-Anlage. So zeigt es das Praxisbeispiel aus Münster in diesem Heft. Ambitionierte, ökologische Wohnprojekte können Nachahmer unter vereinfachten Bedingungen finden, wie das Wohnprojekt am Steinweg in Stutensee. Und für alle diejenigen, deren Finanzkraft als Einzelperson oder kleine WEG nicht ausreicht, lohnt sich der Blick nach Köln und Reutlingen, wo Energiegenossenschaften PV-Anlagen gemeinschaftlich betreiben, die die Finanzkraft von Einzelpersonen übersteigen.
Dieser Solarbrief zeigt, wie PV auf Mehrfamilienhäusern für Gemeinschaften funktioniert. Lassen Sie sich von guter Praxis inspirieren und bitte erzählen Sie die Geschichten weiter. Gerade jetzt müssen gemeinsame PV-Lösungen bekannter und Gemeinschaften zur Nachahmung motiviert werden. Entschieden müssen wir der Verunsicherung, falschen Informationen sowie der bürokratischen Gängelung entgegentreten und die Energiewende auch von unten umsetzen.