Liebe Leserinnen und Leser,
Am Tag 3 der COP-26 in Glasgow stand die samoanische Klimaaktivistin Brianna Fruean vor einem halbvollen Konferenzraum. Nur wenige der rund 30.000 Delegierten der Klimakonferenz nahmen sich die Zeit, ihre eindringlichen und emotional bewegenden Warnungen zu hören. Sie berichtete, dass im nächsten Jahrzehnt die pazifische Insel Tuvalu mit ihren 12.000 Einwohnern unter Wasser sein werde. „Ich komme aus einer Region, die am wenigsten dazu beiträgt, aber die meisten Auswirkungen spürt“, sagte Fruean. „Wir werden zwar die ersten sein, die es erleben, aber sicherlich nicht die letzten.“ Der fidschianische Premierminister Frank Bainimarama rief warnend aus: “Sammelt eure Eimer und fangt jetzt mit der Rettung an, bevor es zu spät ist”. Denn auch Samoa und die Fidschi-Inseln werden der Verwüstung ausgesetzt. Nichts anderes könne man den Erkenntnissen des IPCC-Berichts entnehmen. Die Klimafinanzierung müsse endlich gerecht verteilt und große Emittenten zur Verantwortung gezogen werden.
Was aus moralischer und klimapolitischer Sicht selbstverständlich ist, war in Glasgow Gegenstand harten Ringens. So ging die Klimakonferenz Mitte November zum wiederholten Male nur mit marginalen Ergebnissen zu Ende. Greta Thunberg tadelte die globalen Regierungschefs zu Recht mit den Worten, man habe wieder nur “Bla Bla Bla” vollbracht. Dabei geht es schon lange nicht mehr nur um die absolut notwendige Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Konzentrationen von 420 ppm CO2 sind zu viel für diesen Planeten. Selbst wenn wir in den nächsten Jahren weltweit alle Emissionen auf fast Null fahren, muss schon jetzt in die Rückholung von Treibhausgasen investiert werden. Die Kompensation und Rückholung der Klimagase sollte das Top-Thema werden - auch auf Klimakonferenzen. Es braucht gute Strategien und nationale Pläne, um die bereits existenten, verheerenden Auswirkungen der globalen Erwärmung einzudämmen.
In diesem Solarbrief möchten wir Ihnen, liebe Leser:innen, deshalb einen Überblick über Möglichkeiten der CO2-Rückholung und die Klimaneutralität geben. Dabei berichten wir nicht nur über den Schutz unserer natürlichen Kohlenstoffsenken wie dem Wald und den Mooren, sondern wollen auch Techniken vorstellen, mit denen man aktiv Treibhausgase aus der Atmosphäre holen kann. Wir wollen Ihnen mehrere Sichtweisen vorstellen, welche Chancen und Risiken verschiedener Rückholtechniken diskutiert werden. Wir wollen Sie bei den Überlegungen mitnehmen, wie mit Kompensationsstrategien Greenwashing betrieben und rückwärtsgewandte fossile Strukturen am Leben gehalten werden können. Und schließlich weisen wir auch auf die Probleme hin, die mit Konzepten eines “Solar Radiation Management” - als Scheinalternative zur Heilung unserer Atmosphäre - verknüpft sind. Dabei dient unser Solarbrief als Start in das neue und große Thema “CO2-Rückholung” und als Start in eine gemeinsame Diskussion.
Viele Grüße
Susanne Jung und SFV Team